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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-08/0008
haften , Leibeszustancles und, engbrüstigen Anfällerl
viele Zeit zu Bett liegen muß, und nichts
mehr handeln könne, es sei ihm auch bekannt,
dafr derselbe mit vielen Gulden bey Fallimenten
zu Verlust geraten und gezwungen sey, seine
ausstehenden wenigen Gulden einzutreiben."
Dem Gesuche um Herabsetzung des Schutzgeldes
wurde entsprochen, wie denn die Obrigkeit bei
den meisten solcher Gesuche um Verminderung
der drückenden Abgaben ein geneigtes Ohr zeigte
und vielfach Härten milderte.

Wie groß die Beliebtheit des Rabbiners Isaak
Kahn in seiner Gemeinde war, bezeugt ein im
GenerallandesarchiV aufbewahrtes Schriftstück
(27) vom 6. September 1775 betitelt: „Unterthä-
nigste Bitte der hiesigen (Müllheim) und der
Sulzburger Judenschaft um gnädigste Beybehal-
tung ihres bisherigen Rabbiners", unterschrieben
von Hirsche! Weil, Sulzburg und Jakob
Meyer, Müllheim. Es lautet folgendermaßen:
„Vor einigen Tagen wurde uns vom fürstlichen
Oberamt Badenweyler der höchste Befehl, daß
Thias Weil, der Rabbiner von Karlsruhe von
Euer hochfürstlichen Durchlaucht zum Landrabbiner
in Höchst Deroselben sämtlichen Landen
gnädigst bestätigt worden sei, publiciert. So
schuldigst wir sind, allen höchsten Verordnungen
uns untertänigst zu unterwerfen, so werden
doch Eure fürstl. Durchlaucht uns in Gnaden vermerken
, daß die Bestätigung des Thias Weil zum
Landrabbiner in sämtlichen Höchstderoselben
Land uns in das größte Leidwesen versetzen
würde durch dessen weite Entfernung. Es würde
Unordnung in den jüdischen Ceremonien entstehen
, hauptsächlich aber auch bei Erbteilungen,
Heyratsabreden und Errichtung anderer Con-
tracte. Durch dessen Hin- und Herreisen würden
große Kosten auflaufen, die unsere arme Judenschaft
aufzutreiben ohnvermögend wäre, und wir
alsbald in das größte Verderben und Elend gestürzt
würden. Unser Rabbiner Isaak Kahn, der
seinem verstorbenen Vater David Kahn, welcher
dieses Amt in die 17 Jahre versehen, adjungieret
und nach seinem Ableben gleich bald an seiner
Statt als Rabbiner von Euer hochfürstl. Durchlaucht
gnädigst bestätigt wurde, besitzt gutes
Geschick, hält Ordnung und führt einen exemplarischen
Lebenswandel, hat auch sein Amt
Würklich schon über 30 Jahr mit aller unserer
Zufriedenheit getreu verwaltet. Uns würde es
daher sehr empfindlich fallen und zu unserer
größten Kränkung werden, wenn wir ihn nunmehr
seineis Amtes, welches viel Mühe macht,
aber wenig einträgt, ohne Ursache entlassen
müßten." In einem Schriftstück vom 7. September
1775 (28) -aus Müllheim, betitelt: „Untertänigster
Bericht betr. Anstellung des Landnabbi-
ners Thias Weil zu Karlsruhe" wird bezeugt, daß
sich aus der Entfernung des designierten Landrabbiners
Weil viele Unannehmlichkeiten ergeben
würden, und es würde der hiesigen Judenschaft
, wenn Rabbiner Kahn „verstoßen werden

27) GLA 74/3729 Judensachen Markgrafschaft Baden, Seite 41 und 42.

28) GLA 74/3729 Judensachen Markgrafschaft Baden, Seite 74.

sollte und der Judenschaft, welche Isaak Kahn
ungemein liebet, ein anderer Rabbiner aufgedrungen
würde", Schaden erwachsen. Es blieb in
der Folge alles beim alten und Thias Weil wurde
1790 sogar Oberlandrabbiner mit Sitz in Karlsruhe
, während Sulzburg bis 1832 seinen „Landrabbiner
" in der Person des Nachfolgers Abraham
Weil behalten durfte.

Am 17. August 1796 ersuchte Isaak Kahn „wegen
hohen Alters und Schwachheit (er dürfte
etwa 85 Jahre alt gewesen sein) um einen tüchtigen
„Substituten." Denn damals kannte man
noch keine Pension mit Ruhegehalt, sondern die
jüdischen Seelsorger und Gemeindebeamte (Lehrer
) blieben bis an ihr seliges Ende im Amte.
Isaak Kahn starb im September 1797, am Vorabend
des israelitischen Neujahrsfestes, betrauert
von seiner Gemeinde. Er hat hiermit bis an
sein Lebensende, über 50 Jahre, als Landrabbiner
dem Lande und den Gemeinden Sulzburg, Müllheim
, Lörrach, Kirchen und Rötteln treu gedient.
Sein Ehrengrab auf dem Sulzburger Judenfriedhof
hat die wechselvollen Zeiten der Irrnis und
Wirrnis bis auf die heutige Zeit überdauert. Die
schlichte Grabinschrift auf dem stimmungsvollen
Waldfriedhof in Sulzburg, wo er an der Seite seines
geliebten Vaters David Kahn zur letzten
Ruhe gebettet ist, besagt (in hebräischer Schrift,
auf dem Grabstein oben das Symbol der segnenden
Hände):

„Hier ist begraben, gestorben am 29. Elul
557 (September 1797) am Vorabend des Neujahrsfesteis
, Rabbiner Isaak Kahn, des Rabbiners
David Kahn's Sohn, der Ortsrabbiner
und Rabbiner der Medinah (Umgebung) und
Vorsitzender des Beth-Din (Rabbinergerichts
, oberster jüdischer Gerichtsherr) war.
Seine Seele sei eingebunden im Schatze der
Unsterblichkeit (29).

Als sein Nachfolger wurde Abraham Weil, Sohn
des obengenannten Landmbbiners Thia Weil, ein
Enkel des berühmten Oberlandrabbiners Natha-
niel Weil von Karlsruhe gewählt. Rabbiner Weil
(geb. 20. Dezember 1754 in Prag, gestorben im
Alter von 77 Jahren am 23. September 1831 in
Sulzburg) hatte eine feste Besoldung von 200
Gulden im Jahr, das Nebeneinkommen betrug
100 Gulden. Die Geringfügigkeit dieses Einkommens
veranlaßte ihn, im Jahre 1806 bei der Regierung
darum nachzukommen, daß die israelitische
Gemeinde Alt-Breisach, die früher zum
Rabbinat Sulzburg gehörte, wieder demselben
einverleibt werden möge. Die Bitte wurde ihm
aber nicht gewährt.

Abraham Weil folgte 1832 Rabbiner Emanuel
Dreyfus, der bis 1886 wirkte, worauf das Rabbinat
Sulzburg dem Rabbiner von Freiburg i. Br.
unterstellt wurde. Dreyfus war ein bedeutender
Talmudgelehrter, Verfasser des Werkes Aurach
mescharim. - (Fortsetzung folgt)

29) ausführliche Kurzbiographie bei Leopold Löwenstein: Nathanael Weil,
Oberlandrabbiner in Karlsruhe, Frankfurt a. Main 1898, Seite 6.

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