http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-08/0018
Umgebung von Freiburg, die vom Auwald bis zum Hochwald
alle in unsrer Heimat vorkommenden Arten aufweist
. Gute Bilder, die zeigen wie der sachliche Blick und
die künstlerische Sicht sich vereinen lassen, unterstützen
die erfreulich lesbaren Kapitel. Hockenjos schließt sein
Buch, für das wir Verfasser und Verlag danken, mit dem
Satz: „Der Wald ist unser Schicksal. Mit dem ersten
Baum, den der Mensch fällte, begann die Kultur — so
hat ein kluger Mann gesagt. Und mit dem letzten Baum,
den wir fällen stirbt sie." Der Baum umfängt uns von der
Wiege bis zum Sarg. Und doch, so sehr die Notwendigkeit
für das Fällen spricht, mir tut es leid um jeden Bruder
Baum.
Nicht unerwähnt lassen dürfen wir die saubere Druck-
und Verlagsarbeit, die bei Rombach eine selbstverständliche
Tradition ist.
Fritz Hocken jos (Herausg.): Wander führ er durch die
Wutach- und Gauchachschlucht. 1967 Verlag Rombach
Freiburg. 148 Seiten, 4 Fotos und Abbildungen im Text,
Werkstoff 7.— DM (Wanderbücher des Schwarzwaldvereins
e. V, Bd. 1).
Fritz Hockenjos: Unser Wald. Waldkundliche Wanderungen
rund um Freiburg, 1967 Verlag Rombach Freiburg.
96 S. mit 33 ganzseitigen Bildern, Ganzleinen, 12.80 DM.
Konstantin Schäfer
Reben am Hause
Einen Reben-Laubgang im Garten, die „edelste der
Pflanzen", um Jacob Burckhardt zu zitieren, an der
Hauswand ranken zu haben, wer schätzte solchen Gewinn
nicht! Die Freude an Vitis vinifera im engsten Bereich
des Lebens führte auch dem Direktor der Bayrischen
Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Würzburg
, Dr. habil. Hans Breider die Feder, als er seine kundige
Monographie „Der Weinstock am Haus" schrieb, die
in einem hübschen, gut illustrierten, 136 Seiten umfassenden
Band im Bayrischen Landwirtschaftsverlag in München
in der Serie: „Ich bin mein eigener Gärtner" herausgekommen
ist.
Der Verfasser versteht sich darauf, knapp geschürzt aufzuzeichnen
, was zu wissen nützlich ist, wenn man im
Garten oder an der Hausmauer Reben pflanzen und betreuen
möchte. Geschichte und Poesie des Weinstocks
(„Früchte des Bacchus") kommen nicht zu kurz. „Der
Rebstock war dem Menschen zu jeder Zeit und überall
ein treuer Begleiter." In gedrängter Darstellung unterrichtet
Dr. Breider über die Züchtung der ersten Tafeltrauben
und darüber, „was man alles wissen muß..."
Besonders reizvoll schildert der Autor den „berauschenden
Blütenduft" der Rebe und wie die Rebenblüte das
„Mützchen" abwirft. „Hochzeit ist im Weinstock! Es
stäubt von Blüte zu Blüte, von Gescheine zu Gescheine.
Was in den Tagen der Blüte vor sich geht, birgt das Geheimnis
der Rebe in sich!" Die Frage, „Welche Sorte
pflanze ich?" gibt Dr. Breider Gelegenheit, alte, erprobte
Arten wie neue, an die berechtigte Hoffnungen sich
knüpfen, zu nennen und kurz zu kennzeichnen. Weitere,
jeweils streng sachlich auf das Notwendigste sich beschränkende
Kapitelchen beschäftigen sich mit der Auswahl
der „Jungreben", der guten Vorbereitung der
Pflanzstellen, der sorgsamen Pflege, der Schädlingsbekämpfung
, der Traubenkelterung, dem Ausbau des Weines
u. a. Das Bändchen schließt mit einer Charakterisierung
des „Wilden Weines", der vor allem wegen der
herbstlichen Laubfärbung gepflanzt wird. Durchaus angebracht
ist der gute Rat des Autors: „Wer keine Früchte
ernten, sondern nur an einem farbenprächtigen und
langdauernden Wandschutz Freude haben will, ziehe
unbedingt die Arten des „Wilden Weines" den Tafeltrauben
vor. Sie haben den Vorteil, daß sie nicht gepflegt zu
werden brauchen." Nun, der Weinstock bedarf der liebevollsten
Obhut des Menschen. Dr. Breiders Büchlein empfiehlt
man gerne. Otto Ernst Sutter
Die Spur im Schnee
ein neues Buch von Frnst Sander.
Der in Freiburg i. Br. lebende Schriftsteller Dr. Ernst
Sander, bekannt als Romancier, sein jüngster Roman
„Ein junger Herr aus Frankreich" fand eine weite Verbreitung
in Deutschland, ebenso bekannt als vielseitiger
und erfolgreicher Übersetzer ns Deutsche, der Zahl 200
gehen die übertragenen Bände entgegen, Offizier des
französischen Ordens „Palmes academiques", brachte in
diesen Wochen einen neuen, eigenen Erzählband heraus
mit dem Titel „Spur im Schnee" (Waisenhaus-Buchdruk-
kerei und Verlag, Braunschweig, weißes Ganzleinen mit
Schutzhülle, 158 Seiten, 9,80 DM). Der geschmackvoll ausgestattete
Band enthält 21 Erzählungen, die er unmoderne
Geschichten nennt. Unmodern sind insofern die meisten
davon, als ihre Stoffe der Geschichte und nicht dem gegenwärtigen
, hektischen Leben mit seinen Angst-, Wirtschafts
- und politischen Fragen entnommen sind; im Stil,
in ihrer Diktion, in der tragenden dichterischen Idee, und
das ist das Entscheidende, sind sie indessen modern. Sie
greifen, wie es unsere heutige Zeit liebt und übt, in die
untergründigen, oft zerrissenen, menschlichen und von der
Welt ungesehenen und unverstandenen Schichten. Der
Dichter in seiner Begnadung sieht eben mehr und sieht
tiefer als der andere Mensch. So wird beispielsweise in
„Irrgang der Liebe", — es ist die Geschichte, die dem Rezensenten
als eine ganz besondere Dichtung erschien, —
von einer jungen Frau erzählt, der zweiten Gattin eines
einfachen, biederen Beamten, die ein dreijähriges Kind
mit in die Ehe übernehmen muß, die in eine verzehrende
Liebe zu diesem Mann entbrennt. Diese Liebe, scheu und
empfindsam, wird aber nicht erkannt, weil der Mann
immer noch seine erste Frau und das Kind, das er mit ihr
hatte, und das genau die Augen der toten Mutter hat, im
Sinn und wohl auch im Herzen trägt, das ihn fasziniert und
nicht los läßt. Ahnungslos und unschuldig-schuldig treibt
er in dieser schicksalhaften Verstrickung seine Frau auf
einen bösen Irrweg, in eine Schuld und in den Tod. Wie
dieses Frauenlos entsteht, sich steigert, in die Katastrophe
einmündet, wird hier knapp und verhalten, nicht exhibi-
.tionistisch, wie dies heute vielfach bis zum Überdruß geschieht
, aber doch überwältigend und meisterhaft wie
ein heraufziehendes und schließlich niederbrechendes
Unwetter dargestellt. Der Leser schaut erschüttert in
große seelische Räume, in menschliche Lebensfragen, die
dem Laien als Irrweg erscheinen, die der Dichter aber als
Schickung und tragische Bestimmung erkennt. Mit dieser
tief fundierten Erzählung erhebt sich Ernst Sander ins
zeitlos Gültige. Ähnlich stark sind andere Geschichten;
auch die Titelerzählung gehört hierher. Manchmal verweilt
der Dichter auch beim realen Geschehen und gestaltet
liebevoll und gekonnt heitere oder düstere, auch
grauenvolle Begebenheiten aus vergangenen Zeiten. Die
weite Skala menschlichen Glückes und Unglückes, irdischer
Größe und Niedrigkeit, des Alltäglichen und Hintergründigen
, zeigt sich in diesem reichen Buche, dazu
eine überaus sichere Kenntnis und Beherrschung aller
menschlichen Vorkommnisse und Zusammenhänge in dieser
seit eh und je unruhigen Welt. Der Stil dieses Buches
ist satt, temperamentvoll, vielschichtig, modern. Man
liest es mit Spannung, oft mit Erschütterung, immer mit
menschlichem Gewinn, ein Beweis für die Eigenständigkeit
und Erwähltheit des Dichters.
Ernst Sander ist den Lesern unserer „Markgrafschaft"
aufs beste bekannt durch eine Mitarbeit aus der Zeit vor
1960, da er in Badenweiler wohnte. Damals erschienen
die zwei Erzählungen „Spur im Schnee" und „Die guten
Freunde", die man nun in diesem gehaltvollen Buch
nachlesen kann.
Richard Gang
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