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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-10/0007
2do

Den 8. Januari hat Herr Ambtmann allhier
die Kirchenrechnung vorgenommen, ohne mir ein
Wort darvon zu sagen, wider welches ich aber
al sobald schriftlich protestiert, allein meine
Schrift hatte das Unglück, ohneröffnet mir wider-
um durch den Wächter zurückgeschickt zu werden
.

3tio

ist zu vermerken, daß mir nach gehaltener
Kirchenrechnungen jedesmal ein gewisses gestiftetes
Allmosen aus der Kirchenladen von den
Kirchenpflegeren ist übergeben worden, um selbes
denen Haußarmen auszutheilen; allein für
diesesmal ist solches zurückgeblieben, undt ob es
oder wie undt wem es seye ausgetheilt worden,
weiß ich nit.

4to

hab ich auf höfliches Ersuchen des Vogts Hans
Brodbeckh gewiße Jungfrawen als Vorsingerinnen
denominieret undt ihnen einen gewissen
Stuhl in der Kirchen assignieret, allein gleich acht
Tag darauf hat gesagter Vogt auf Befelch des
Ambtmanns denen bestellten Jungfrawen durch
die Wächter unter einer Straf befehlen müssen,
mir keineswegs zu gehorsamen, bis man wisse,
wer Meister in der Kirchen sey.

5tö

Item hab ich dem Kirchenpfleger Michel Hausensteiner
den Conto gegeben wegen den Unkosten
, so ich am Kirchweymontag gehabt, undt
gesagter solle nunmehro das Geld, so in 13 Gulden
rauher Währung bestanden, von der Kirchen
erheben undt nachmals selbiges Geld abziehen
an dem Fuhrlohn, so ich noch schuldig gewesen;
allein hat er mir wiederum sagen lassen, seyn
Cammerad Hansgörg Schmid wolle kein liard (?)
zukommen lassen, es seye ihm verbotten von dem
Ambtmann; mithin müßte ich auf solche weiß
die gehabten Unkosten an mir selbsten haben.

6to

hat Ambtmann Steinmetz durch den Vögten
verbiethen lassen, meinem Buben, welcher das
gantze Jahr den Sigristendienst ad interim fleißig
versehen, für seyne gehabte Mühe, für Uhrenrichten
, für Wetterleuthen undt für seinen
geleisteten Dienst nicht ein kleines zu geben; es
solle ihm auch der gebräuchliche Lohn von der
Kirchen keineswegs bezahlet werden, mich dar-
durch zu zwingen, daß ich nachgebe.

7mo

hat er Ambtmann wie auch der Hansgörg
Schmid' dem Hausensteiner verbotten, nicht das
mindiste auf meinen Befelch in der Kirch machen
zu lassen.

8vo

hat Hansgörg Schmid mir zu trutz ohne mein
Vorwissen 2 Pülter zu dem Meßbuch auf die Al-
tär machen lassen undt selbst auf die Altär gestellt
, welche ich ihme aber wiederum zurückgeschickt
und sagen lassen, er habe nichts ohne
mein Wissen in die Kirchen anzuschaffen.

9no

hat Ambtmann Steinmetz dem Zimmermann
Joannes Wenner eine newe Buppen auf den

Kirchthurn ohne mein Voxwissenveraccordiert
undt gleich auch, denen Kirchenpflegeren befohlen
, das Holtz darzu undt das Blech einzukaufen,'
ohne mir das mindiste darvon zu sagen.

lOmo

Item hat gesagter Ambtmann auch den- Glok-
kengießer von Basel kommen lassen und selben
sambt dem Vogt undt einem Gerichtsmann wie
denen Kirchenpflegeren, ohne mich darum zu be-
grüeßen, in Thum zu fiehren, die Kirchengloggen
zu besichtigen, mit Vorgeben, er wolle selbige
umgießen undt noch eine größere darzu machen
lassen. Er habe zwar gesagt, es müßte auch der
Herr Pfarrer darbey seyn, wann der Contract
solle gemacht werden, aber es wird so wenig geschehen
, als es geschehen ist bey dem Contract,
so er mit dem Zimmermann gemacht hat."

Schließlich steigern sich in den folgenden
Punkten die Ereignisse zur Groteske.

llmo

„hab ich den 9. April 1759 dem Joseph Bohrer
, mein Pfarrkind, zwar ein Ehemann, wegen
gegebener erschröcklicher Ärgernuß, so er an
dem letzten Tag der hl. Mission, nemlichen an
dem hl. Palmsonntag, bey nächtlicher Zeit um
12 Uhr einer schon würcklich im Schlaf begriffenen
ehrlichen Jungfrawen gegeben, eine Kirchen-
straf undt zwar auf inständiges Bitten seyner,
selbsteigenen Ehefrawen, dictieret; allein sobald
solches der Ambtmann Steinmetz vernommen,
so hat er alsobald dem Joseph Bohrer unter zehn
Cronen Straf gebieten lasssen, mir keineswegs
2u gehorsamen. Allein dessen ungeachtet habe
ich ihm an dem hl. Carfreytag nach vollendter
Predigt öffentlich gerufen, Joseph Bohrer solle
seyne Kirchenstraf verrichten, obschon ihm der
Ambtmann bey Straf zehen Cronen solches zu
thun verbotten habe, über welches Verbott die
Pfarrkinder mehrers sich geärgert, als an dem
Verbrechen des Bohrers undt haben viele gesagt
, es kenne nit änderst seyn, als ihr Ambtmann.
werde vom Teufel regieret, weilen er nit haben
wolle, daß ihr Seelsorger das Böse abstrafe. Als
ich aber solche Verkindigung auch an dem hl.
Ostertag wie auch an dem Weißen Sonntag vorgenommen
, so hat pro

12mo

der Vogt gleich nach vollenden Gottesdienst
vor der gantzen Gemeind voller Wuth undt Raße-
rey wider mich mit größtem Geschrey öffentlich
scalieret undt gesagt, daß sofern der Pfarrer noch
ein einziges mal den Joseph Bohrer verkünde, so
solle ihn Gott strafen, wann er nit auch mir
öffentlich eine Antwort gebe, daß ich gewiß das
Maul halten werde. Und das hat er gethan in
Hoffnung, ich werde meine Schand selbst anhören
, wann ich aus der Kirchen kommen wurde;
allein es hat ihm gefehlet, dann die Burger ihme,
Vögten, kein Gehör mehr geben wollen, sondern
seynd voller Verdruß und Unwillen wider den
calumnianischen Vogt darvon gegangen, hat ihm
kein Mensch etwas darauf gehalten."

Es ruhte auch die Geschichte mit den Glocken
nicht, von denen Schiller in seinem Lied von der
Glocke sagt: Friede sei ihr erst Geläute!

5


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