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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-10/0012
mit einem Sockel auf vielen Rollen, die in einer
Kreisschiene auf einem Bodenfundament laufen.

Der zweite, aber erheblich ältere Typ war die
„holländische Windmühle" oder „Turm Windmühle
." Sie besitzt einen turmartigen Unterbau
aus Stein (meist Backstein) oder Balken. Dieser
ist (bis zum 19. Jahrhundert zylindrisch, seitdem
oft konisch) rund oder sechseckig oder achteckig.
Er trägt oben eine kreisförmige Rinne, auf der
sich das Dach (die „Kappe") mit den Windmühlenflügeln
dreht. Das Dach läuft auf Rollen.

Der Unterbau einer großen Turmwindmühle
kann gelegentlich so umfangreich sein, daß er die
Müllerwohnung aufnimmt. Vereinzelt besitzt er
an Bächen auch ein Wasserrad. Eine kombinierte
Wind- und Wassermühle ensteht dann.

Viele der alten Holländer-Mühlentürme, besonders
die steingemauerten, stehen flügellos
noch heute, auch wenn die Mühlen seit Jahrzehnten
bereits ihren Betrieb eingestellt haben.
Seltsam wirken solche Stümpfe. Oft liegt neben
ihm eine moderne motorgetriebene oder elektrische
Mühle. Denn die Gunst des einst gewählten
Standortes blieb.

5.

Einige weitere Bemerkungen zur Geschichte
der Windmühle sind nötig. Erste gesicherte Nachrichten
bringt das 9. Jahrhundert. Das 13. Jahrhundert
liefert uns die erste bekannte genaue
technische Beschreibung. Doch stammen alle diese
Erwähnungen nicht aus Deutschland oder aus
dem christlichen Abendland, sondern aus dem
Kulturbereich des nordafrikanischen Islam, der
damals noch Teile des europäischen Kontinents
(wie Spanien) fest in den Händen hielt und der
die Anregung zum Mühlenbau an Deutsche und
Franzosen weitergab.

Denn seit dem 12. Jahrhundert erscheinen,
wie wir mit Sicherheit wissen, im Nordwesten
Europas Bockwindmühlen mit vertikalem Rutenkreuz
. Die erste urkundliche Erwähnung aus dem
französischen Raum stammt aus dem Jahre 1105.
Die Holländermühle aber sieht man bisher erstmalig
auf einem Skizzenblatt des großen italienischen
Malers Leonardo da Vinci um 1500 abgebildet
, der uns überhaupt viele Maschinen seiner
Zeit zeichnete.

Als erste Erbauer von Windmühlen des deutschen
Raumes erwähnen Urkunden die Mönche
der Zisterzienserabtei Kamp am Niederrhein. Ihre
Mönche erhielten, nach einer Urkunde von 1253,
die Erlaubnis des zuständigen Territorialfürsten,
nämlich des Erzbischofs zu Köln, auf dem Dachsberg
bei Kamp eine Windmühle (höchstwahrscheinlich
eine Bockmühle) oder auch mehrere zu
erbauen und danach zu besitzen. 1333 erlaubt der
kölnische Landesherr dem gleichen Monasterium
die Errichtung einer weiteren Windmühle, deren
Bau damals an sich ein Vorrecht („Regal") des
Territorialfürsten und damit grundsätzlich für
alle anderen genehmigungspflichtig war. In schneller
Wanderung breitet sich seitdem anscheinend
die Bockmühle nach Süden und über Westfalen
hinweg nach Osten aus, da das 13. und 14. Jahrhundert
uns bereits aus Mecklenburg von Windmühlen
berichtete.

Diese alte Pfahlmühle war übrigens zunächst

nicht nur in Deutschland und England, sondern
auch ursprünglich in Südflandern und Holland
die herrschende Windmühlenform, wie es uns
die Malerei des 14. bis 16. Jahrhunderts beweist.
Darüber hinaus war es der Mühlentyp, der sich
die Höhenburgen der deutschen Mittelgebirge eroberte
. Aber desgleichen bestieg er auch den einen
oder anderen Turm der mittelalterlichen
Stadtmauern.

Erst im 17. Jahrhundert tauchte die Holländermühle
wahrscheinlich in größerer Zahl auf.
Das geschah, wie der Name besagt, in den Niederlanden
. Nahm sie vor allem seit dem 18. Jahrhundert
und besonders zu Beginn des 19. Jahrhunderts
auch ihren Weg nach Deutschland, so
verdrängte sie doch nicht ältere Konstruktionen.
Daher zeigt manche deutsche Landschaft einen
bunten Wechsel zwischen den Typen der Bockwindmühle
und der holländischen. Denn der ältere
Typ wurde weitergebaut. Je weiter der zweite
neue Typ von Norden nach Süden in Europa
vordrang und je mehr er sich dabei von seinem
Ursprungsland entfernte, desto weniger vermochte
er sich anscheinend durchzusetzen.

Mit dem Aufkommen der Dampfmühle vor
rund 100 Jahren aber begann das große Sterben
vor allem der Windmühlen. Einige Jahrzehnte
später beschleunigten die Motormühle und die
elektrische dann diese Entwicklung derartig, daß
Windmühlen heute seltene Sehenswürdigkeiten
sind. Als Zeugen einer vergangenen Kultur stehen
sie meist unter staatlichem Denkmalschutz.

6.

Windmühle und Wassermühle waren im Mittelalter
eine Bannmühle. Das aber bedeutete eine
in unseren Augen eigentümliche Stellung.

So verbot der sogenannte „Mühlenbann", innerhalb
eines bestimmten Umkreises einer bestehenden
Mühle, der Bannmeile, neue Mühlen zu
bauen. Ausnahmen wurden seit dem 16. Jahrhundert
gestattet, wenn man der zuständigen
Grundherrschaft eine besondere Steuer zahlte,
bei Windmühlen war es der sogenannte „Windzins
." Die Bannmühlen gehörten einer Stadt,
oder dem weltlichen oder bischöflichen Territorialfürsten
, oder einem weltlichen adeligen oder
einem geistlichen, oft klösterlichen Grundbesitz.

Neben den Mühlenbann trat der „Mahlzwang."
Durch ihn waren die Bauern und leibeigenen
Kötter grundherrschaftlicher Siedlungen verpflichtet
, ihr Korn nur an einer bestimmten Stelle
mahlen zu lassen, eben in der Bannmühle, zu
deren Bezirk sie gehörten. Dafür zahlte man einen
Zins, die „Mahlnetze", von der der Grundherr
drei Viertel, der Müller ein Viertel als Lohn
erhielt. Aber man darf diesen Mühlenbann und
Mahlzwang nicht allein von dem Nutzen her
sehen, den der Eigentümer durch die Einnahmen
aus dem Betrieb zog. Mühlenbau und die Unterhaltung
kosteten ja auch immerhin Geld und dazu
soviel, wie der kleine Mann oft genug nicht
aufbringen konnte.

7.

Das Ansehen des Müllerberufes war zeitweise
während des Mittelalters (ganz besonders in England
) sehr gering. Die Zünfte des Handwerks
verachteten seinen Beruf, er war kein freier Bür-

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