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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1967-12/0012
's Schneeglöckli

Am schöne, grüene Steckli
e Zwergli chunnt marschiert;
es isch si silbrig Röckchli
mit goldne Spitze ziert.

Jetz stoht's im Fozzlegwimmel.
Wa rüeft des Chnürpsli us?
„I peitsch den Winterlümmel
doch über d'Felder us!"

Richard Gang

nem Alibdorf gekommen. Sie zu führen, war ein
wahres Vergnügen. Sie paßten wie Heftlemacher
auf. Und fragte einmal der oder jener etwas, verriet
die Frage, daß er sich vernünftige Gedanken
machte über das, was ihm gezeigt wurde. Als nach
ungefähr drei Stunden der Rundgang beendet
war, und ich mich von den freundlichen Leuten
verabschiedete, zog einer einen Fünfzigmarkschein
aus der Tasche, um ihn mir zu geben. Lachend
erinnerte ich ihn daran, ich hätte ausdrücklich
doch gesagt, diese Führung koste nichts. Erstaunte
Augen sahen mich an und der Mann, der
mir den Schein geben wollte, sagte: Wisset Se,
wir hen gmoint, Oiner, der so viel weiß, verdient
g'wiß nit viel."

Das Jahr Stuttgart ist mir in guter Erinnerung
geblieben. Ich denke gern an mein schwäbisches
Jahr!

II.

Dankbarkeit...

Der Freiburger Großvater des heute betagten
Schreibers dieselr Zeilen, der ein Alemanne
von bestem Schrott und Korn gewesen ist, fehlte
nie im alten Stadttheater der Breisgaustadt in der
Salzstraße, das im Kirchenraum des ehemaligen
Augustiner-Museums untergebracht war, seit der
Augustinerorden 1803 säkularisiert worden war,
und an dieser Stätte verblieb bis zur Eröffnung
des neuen großen Bühnenhauses unweit der Universitätsbauten
, wenn Beethovens „Fidelio" zur
Wiedergabe kam. Es mag 1894 gewesen sein — da
nahm der Ahn den zehnjährigen Enkel mit in eine
Aufführung der unvergleichlichen Oper. Damit
der Bub sich in die Handlung des ebenso großartigen
wie tiefergreifenden Werkes zuvor ein wenig
einleben konnte, gab ihm der Großvater das
kleine Textbuch, das er heute noch besitzt, das
erste Reclam-Bändchen, das ihm in die Hand
kam . . .

Der altgewordene Skribent vermöchte kaum
zu sagen, wie viele Reclam-Büchlein ihn seither
beschäftigten, ihm, mindestens zeitweilig, unentbehrlich
wurden — nota bene, schon in den Gym-
nasiumsj ahrein, als die Werke für Pennäler lateinischer
und griechische^ Schriftsteller von Reclam
in höchst brauchbaren Übersetzungen vorlagen.
Doch auch in den Studentenjahren waren Com-
pendien, Schöpfungen von Dichtern, Philosophen,
Naturwissenschaftlern und Geistern aus vielen
anderen Disziplinen immer wieder höchst willkommen
und brauchbar, wenn man sich daran
machen mußte, Lücken auszufüllen, die durch das
Schwänzen von Vorlesungen entstanden waren.

Während diese Erinnerungen im Schreiber
dieser Zeilen aufsteigen, wird er sich dessen bewußt
, wie viel Dank er Reclam schuldet! Fast ist
man geneigt zu fragen, wer fühlt sich Reclam
nicht zu tiefem Dank verpflichtet. Die Zahl der
Reclam-Leser wie vor allem auch der Reclam-Be-
nützer geht fraglos in die Millionen. In den Reclam
-Bändchen bezeugt sich ein Kulturwerk von
ebenso weitgespannter wie beglückender Größe
und Bedeutung. Zu den Heerscharen Reclams gehörend
, empfindet man irgendwie einen Ruhmestitel
!

III.

Erinnerungen an Rudolf G. Dinding

Schwer verwundet, tief erschüttert von den
Eindrücken im Krieg, war Rudolf G. Binding aus
dem Völkerringen 1914/18 heimgekehrt, das er,
leidenschaftlicher glänzender Reiter, als Rittmeister
erlebt hatte. Leidlich wiederhergestellt,
wohnte er dann einige Jahre in der reizvollen,
waldumrauschten Siedlung Buchschlag, die, obwohl
ins Vorland von Frankfurt gebettet, zum
ehemaligen Großherzogtum Hessen gehörte. In
der Redaktion der „Frankfurter Zeitung", der ich
seit 1909 angehörte und in der er ab und zu erschien
, lernte ich den siebzehn Jahre älteren
Dichter kennen. Bald, nachdem wir miteinander
in Berührung gekommen waren, lud mich Binding
zu sich nach Buchschlag ein, wo er zum Bürgermeister
gewählt worden war. Er hatte diese
Aufgabe nicht gesucht, sie war ihm mehr aufgedrängt
worden. Gleichwohl nahm er sich ihrer
mit allem Ernste an. Mich erfüllte es mit Stolz,
daß ich ihm ab und zu bei der Erledigung von
Schriftlichkeiten helfen konnte. Dann und wann
blieb das „Papiergeschäft", wie er die bürgermeisterliche
Arbeit mitunter nannte, ohne aber
darüber etwa verdrießlich zu werden, eine Weile
liegen. Der unausschöpfbare Erzähler, der Binding
war, kramte dann gern Erinnerungen und
Anekdoten aus. Mitunter ließ er auch — aus dem
Gedächtnis — das eine oder andre seiner schönen
Gedichte in die Unterhaltung einfließen. Er sprach
die Verse ohne Pathos, so, als seien sie im Augenblick
geboren, in dem sie gesprochen wurden.

Zu einem herrlichen kleinen Fest im Binding-
schen Landhaus in Buchschlag wurde die Verleihung
der Würde eines Doktors h. c. der philosophischen
Fakultät der Universität Frankfurt, zu
der des Dichters Freundeskreis eingeladen war.
Meine damals reichlich wohlbeleibte Figur hatte
mir, wie Binding feststellte, den „Ehrennamen"
seines „Turmes" eingetragen — er nannte mich
fortab seinen „Turm." Bei der Ehrenpromotion
führte er mich den Professoren vor, indem er
sagte, „Das ist O. E. S., noch ein halber Knabe
(dabei war ich schon nahe den Vierzig) — aber
er ist ein Turm, mein „Turm." Und nicht ohne
Grund ist der aus dem Badischen stammende
„Turm" beauftragt, dafür zu sorgen, daß Sie,
meine Herren, keinen Durst zu leiden brauchen
..."

In seiner Dankesrede feierte Binding die
schicksalreiche Geschichte Frankfurts und im be-

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