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schaft zu anderen lohnenderen Erwerbsniöglich-
keiten aufzuhalten.
Es imag in diesem Zusammenhang auch auf
die Löhne hingewiesen werden, welche im 18.
Jahrhundert in der Landwirtschaft bezahlt werden
konnten und welche offenbar auch zur Bestreitung
des Lebensstandards der alten Zeit ausreichten
. In Bezug auf den Taglohn müssen wir
uns nach dem seinerzeit geltenden Getreidewert
orientieren. Der Männertagelohn in Höhe von
24 kr entsprach dem Wert von 6,6 kg Dinkel. Dies
würde heute einen Betrag von rd. 2,80 DM entsprechen
.
Das Verhältnis der Löhne zu den Produktenpreisen
war seither durch verschiedenartige Wirtschaftssysteme
manchen Schwankungen unterworfen
. Es haben sich hieraus manche Veränderungen
ergeben, die sich nicht nur auf das Arbeitswesen
auf dem Lande auswirkten, sondern
auch durch großräumige Kulturmaßnahmen im
Landschaftsbild sichtbar in Erscheinung getreten
sind. Um eine befriedigende Entlohnung ihrer
Arbeitskräfte zu erzielen, sah sich die Landwirtschaft
, besonders in der Nachkriegszeit, zu außerordentlichen
Neuoixlnungsmaßnahmen aller Art
gezwungen.
Angeisichts der modernen mechanisierten
Landwirtschaft schauen wir nicht ohne ein wenig
Wehmut in die Vergangenheit zurück, wenn uns
auch bewußt sein muß, daß die Landwirtschaft
nur so den Forderungen der heutigen Zeit gerecht
werden kann. Es soll sich dabei aber auch das Gefühl
der Verpflichtung behaupten, für die Erhaltung
der natürlichen Fruchtbarkeit des Bodens
besorgt zu sein. Die® geschah in der langen Geschichte
des Landbauets in unserer Heimat durch
sorgsame Pflege. Wir sahen wie diese Aufgabe
durch eine einsichtsvolle Regierung im 18. Jahrhundert
gefördert wurde. Es ist nicht nur Sache
des Einzelnen, sondern auch eine gemeinschaftliche
Verpflichtung, den hohen Kulturstand, den
unser Landbau durch intensiven Ackerbau und
durch die Pflege der Sonderkulturen (Weinbau)
erreicht hat, auch in der Zukunft zu erhalten.
Dr. Klaus Rockenbach, Köln-Riehl: QinÜZVt LänbZVt ailÖECC ^inÖCttDIEgEIl
Gibt es ein schöneres Sinnbild der Mutterliebe
als die Wiege, die jeder kennt und keiner
mehr benutzt? Wiegen fehlten noch vor 150 Jahren
in kaum einem Haushalt, und das Bild der
jungen Mutter, die sich über die Wiege beugt,
wurde einst von Künstlern immer wieder gemalt,
ehe der Kinderwagen das ehrwürdige Möbelstück
aus allen Stuben Schritt um Schritt verdrängte
. Wiegen behüteten damals bei uns jeden
neuen Erdenbürger, so daß des Menschen
Leben sprichwörtlich in der Wiege begann. Wiegenlieder
beruhigten manch kleinen Schreihals,
schläferten ihn behutsam ein und entfalteten eine
Innigkeit, die sie unter den besten Dichtungen
eines Volkes emporhob; ja die Wiegenlieder eines
Volkes brauchte man sich nur anzuhören,
wenn man seine Mütter kennenlernen wollte.
Wissen wir auch, daß der „Einbaum", ein
halbierter, mit der Axt ausgehöhlter Batim-
stamm, in Europa der Urahn der Wiege bildete,
so blieb die Zeit, in der die Wiege ihre endgültigen
Formen erhielt, uns bisher noch unbekannt.
Seit vielen Jahrhunderten schaukelte einst
zwischen zwei senkrechten Holzpfosten auf einem
Bodengestell die sogenannte „Gestellhängewiege
", wie sie in Mecklenburg und Vorpommern
bis in die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg üblich
war. „Kufenwiegen" schwankten auf gebogenen
Bodenbrettern am Kopf- und Fußende
(eben den „Kufen") als sogenannte „Querschwinger
" von der einen Seite zur andern. Deutschland
, Österreich und die Schweiz kannten diesen
Typ der Wiege, neben den vor allem in Mitteldeutschland
(ganz besonders in Hessen) der
„Längsschwinger" trat, dessen seitliche Kufen
den Wiegekasten sich zum Kopf- und Fußende
neigen ließen. „Doppelschwinger" setzten den
Wiegenkasten drehbar auf ein Untergestell, so
daß der Säugling ganz nach dem Belieben der
Mutter hin- und her- oder vor- und zurückschwang
. Alte Bauernhäuser führten früher eine
Schnur über Rollen an der Decke von. den Betten
der Eltern zur Wiege, so daß die Eltern den kleinen
Schreihals nachts beruhigen konnten, ohne
die warmen Federn zu verlassen. Süddeutschland
und Österreich bemalten die Wiegen mit
Mustern, Sprüchen und heiligen Zeichen, Norddeutschland
und die Schweiz schnitzten ähnliche
Verzierungen in die Bretter ein.
„Andere Völker, andere Sitten", sagt ein
Sprichwort. „Andere Völker, andere Wiegen"
aber könnten Weltreisende und Wissenschaft
diese Redensart ergänzen.
Reitervöiker wie etwa die Beduinen Afrikas
tragen die Kinder in einer wiegeähnlichen Hülle
an das Pferd geschnallt mit sich. Mütter wandernder
Jäger- und Hirtenvölker ohne festen
Wohnsitz, wie sie in Südamerika, Asien oder Afrika
wohnen, schleppen ihre Kinder meistens
senkrecht auf dem Rücken mit sich. Sie erfanden
daher eine Fülle seltsamer transportabler Wiegen
und Kinderbettchen, aus denen das liebe
Kleine von dem Rücken der Mutter aus in die
große Welt schauen kann. Afrikanische Kaffern
stecken den Säugling aufrecht in eine lederne
Kiepe aus Antilopenhaut. Südamerikanische Indianermütter
flechten aus Schilfrohr korbähnliche
Tragen. Nordamerikanische Indianer nähten
in jenen Tagen, als sie die Zivilisation noch nicht
angenommen hatten, aus Fellen ein „pantoffelähnliches
Etui" und schoben das Kind, die Beine
zuerst, aufrecht hinein; andere Indianervölker
steckten den Säugling ebenfalls aufrecht in eine
längliche Hülle aus Rinde, Geflecht oder gebogenen
Hölzern und beschirmten seinen Kopf mit
einem Schutzdach ähnlich wie bei unserem modernen
Kinderwagen.
Bessere Verhältnisse kennen auch die primitiven
seßhaften Völker nicht, bei denen die Männer
auf die Jagd ziehen, die Mütter auf dem
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