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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1968-02/0004
OXto Ernst Sutter, Gengenbach:

W\[\)t\m Rentner grüben

Die Münchner, zumal die Musikfreunde/mögen
Wilhelm Zentner, der am 21. Januar sein
75. Lebensjahr vollendete, u. a. Träger des Goldenen
Ehrenringes der Münchener Philharmoniker
, längst als einen der Ihren betrachten — die
Badener sehen in dem geborenen Karlsruher
heute wie ehedem den Landsmann, auf den sie
stolz sind. Ist doch neben dem Basler Wilhelm
Altwegg Wilhelm Zentner der Künder von Dichtung
und Menschentum Johann Peter Hebels,
dem er zahllose Werke und Aufsätze gewidmet
hat. Davon wird in diesen Zeilen noch zu reden
sein.

Als Sohn des Münzrates gleichen Namens ist
Wilhelm Zentner am 21. Januar 1893 in Karlsruhe
geboren worden. Am humanistischen Gymnasium
der Residenzstadt legte er 1911 das Abiturientenexamen
ab, um an der Universität Heidelberg
das Studium der Literatur, der Musik
und der Theaterwissenschaft aufzunehmen, das
er in München fortsetzte. Von 1914 bis 1918 nahm
Wilhelm Zentner am Ersten Weltkrieg teil und
kehrte dann nach München zurück, wo er 1920
summa cum laude zum Dr. phiL promovierte.
Ersteberufliche Tätigkeit führte ihn zwar an das
Deutsche Volksliederarchiv nach Freiburig, das
er aber schon nach einem Jahr verließ, um in
München an verschiedenen Bühnen als Dramaturg
und Regisseur zu wirken. Gleichzeitig erwarb
er sich als Musik- und Theaterkritiker einen
Nämen. Im Jahr 1938 beriefen die Münchener
Philharmoniker Wilhelm Zentner zu ihrem
Programmredakteur.

Der Zweite Weltkrieg unterbrach erneut das
Schaffen des badischen Landsmannes an der Isar,
für den freilich München nun doch Wahlheimat
geworden war. Als Chef einer Heimatflakbatterie
geriet Wilhelm Zentner 1945 in amerikanische
Kriegsgefangenschaft. Aus ihr entlassen, nahm er
seine Tätigkeit bei den Philharmonikern wieder
auf. Außerdem wurde ihm ein Lehrauftrag für
Operngeschichte und Operndramiaturgie an der
Hochschule für Musik übertragen. Die Gründung
einer „Arbeitsgemeinschaft für Musikkritik" erweiterte
den Kreis seiner Tätigkeit. Seit 1958 ist
Wilhelm • Zentner Erster Vorsitzender des Verbandes
Münchener Tonkünstler. Der Bayrische
Journalistenverband sicherte sich seine Mitarbeit,
indem er ihn in seinen Aufnahme-Ausschuß berief
und! zum Vorsitzenden des Ehrengerichtes
wählte.

Als Verfasser von Reclams „Opernführer" wie
als Bearbeiter und Herausgeber der Operntexte
besitzt Wilhelm Zentner eine unübersehbar große
Gemeinde von Freunden. Über fünfzig der kleinen
Hefte der Operntexte sind schon erschienen.
Der „Kammermusikführer" Reclams verfügt in
Wilhelm Zentner über seinen unentbehrlichen
Autor. Auch eigene Dramen schrieb Wilhelm
Zentnier, und die kleinen Erzählerbände von seiner
Hand sind Lesestücke voller Besinnlichkeit,
doch auch voll echtem Humor. Der Biograph von
Carl Maria v. Weber und Anton Bruckner, der

Wilhelm Zentner ist, bearbeitete auch Opern
Mozarts, Lorzings, Offenbachs u.a. Nicht vergessen
wenden darf, den Vortragsredner und Mitarbeiter
des Rundfunks zu nennen.

Doch nun ist es Zeit, vom unvergleichlichen
Hebel-Kenner Wilhelm Zentner zu sprechen.
Man verdankt ihm eine Ausgabe der Werke des
Klassikers unter den alemannischen Dichtern und
des Erzählers vom „Rheinländischen Hausfreund",
dessen „Schatzkästlein", immer wieder neu herausgegeben
, die Herzen der Leser auch heute
noch wie eh und je bewegt und begeistert. Eine
hervorragende Hebel-Biographie ist schon in erweiterter
Auflage herausgekommen. Die zweibändige
Ausgabe der Briefe Johann Peter Hebels
hat in Wilhelm Zentner ihren Betreuer und
Kommentator gefunden, berufen, dieses Werk
zu einem Volksbuch erlesener Geltung zu machen
. Es sei erlaubt, aus der Einleitung der
Brief-Sammlung ein paar Sätze zu zitieren: „Die
Briefe von Johann Peter Hebel habe ich seit Jahren
als ein vordringliches Stück meines noch zu
erfüllenden Erdendaseins angesehen; ich freue
mich der Gnade, die diesem Wunsch Gewährung
werden ließ. Ich lege die Sammlung der Hebel-
Briefe in den Schoß meiner oberrheinischen Heimat
, deren Sohn zu heißen, ich stets mit Stolz,
jedoch auch im Bewußtsein der damit verbundenen
kulturellen Auflgabe empfunden habe. Hebels
Vorbild verpflichtet." In diesen schönen Worten
spiegelt sich zugleich das reiche, liebenswerte
Menschentum Wilhelm Zentners. Schon 1955
wurde der Staatlich Baden-Württembergische Johann
Peter Hebel-Preis Wilhelm Zentner verliehen
. Einige Jahre danach ernannte ihn die Regierung
in Stuttgart zum Professor.

Der 75jährige Jubilar, der hier aus vollem
Herzen gegrüßt und beglückwünscht wird, ist
auch heute noch tätig und schaffensfroh wie in
jungen Jahren. Er hält in der badischen Heimat
oft einmal Einkehr, arbeitet an den Studios des
Südwestdeutschen wie des Süddeutschen Rundfunks
mit und wird als Vortragsredner in Volkshochschulen
und Volksbildungswerken sehr geschätzt
. Mögen Wilhelm Zentner noch viele Jahre
rüstigen Schaffens Geschieden sein! Es tut einem
badischen Herzen besonders wohl, in ihm einen
Landsmann von bestem Schrot und Korn sehen
und verehren zu können.

Herzliche Wünsche sendet die „Markgrafschaft
" ihrem Freunde nach der Isarstadt, denen
ich meine ganz persönlichen Wünsche beifügen
möchte für eine noch lange glückliche Zusammenarbeit
und noch manchen Erinnerungsaustausch
im Banne des Maximilianeums. Wir fühlen
uns mit stetem Dank in gemeinsamer Verehrung
Hebels und seiner Heimat verbunden und
in gemeinsamem Kampf um die Existenz unsres
Werkes, die Stimme der Heimat nicht zum Verstummen
zu zwingen.

Konstantin Schäfer

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