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Maximilian vom Papst gemachte Zusage, daß
sein Onkel, der kaiserliche Prinz Don Juan d'Au-
stria2, zum Oberbefehlshaber der päpstlichen Ligaflotte
bestimmt werden sollte, konnte den Kaiser
nicht von seiner ablehnenden Haltung abbringen
. Frankreich stand sogar seit den Tagen
Franz' I. in einem engen Freundschaftsbündnis
mit der Pforte, seine Beziehungen zu Rom dagegen
waren stark getrübt, seitdem Maria von Me-
dici, die Regientin für den noch unmündigen König
, den Hugenotten im Vertrag von St. Germain
beachtliche Zugeständnisse gemacht hatte. Darüber
hinaus fürchtete der französische Hof, daß
bei einem glücklichen Ausgang des ins Auge gefaßten
Unternehmens Spanien allein an Machtzuwachs
gewinnen könnte. Das Inselreich unter
Elisabeth befand sich mit der Gründung der ersten
Kolonien jenseits des Atlantischen Ozeans
und am Indischen Meer mitten im Aufbau seiner
Seeherrschaft und war gerade dabei, mit der Einführung
der anglikanischen Kirche in Verfassung
und Dogma sich von Rom loszusagen.
Schritte des Kardinallegaten beim Zaren von
Rußland, dem König von Polen und bei den Regierungen
kleinerer Staaten führten ebenso wenig
zu greifbaiten Ergebnissen wie die weltweiten
Hoffnungen des Kirchenaberhauptes, im Bunde
mit Portugal, Arabien, Persien und Äthiopien die
Osmanen von Osten her anzugreifen. Ganz aussichtslos
war die stille Hoffnung des Papstes, bei
diesem Gelegenheit die Wiedervereinigung der römisch
-katholischen mit der griechisch-orthodoxen
Kirche zustandezubringen und damit zugleich
die Gegenreformation aus der Welt schaffen zu
können.
IL Die Mächte der päpstlichen Liga
Das stärkste Interesse am Zustandekommer».
einer Liga hatte der Großmeister des Malteserordens
. Seit Jahrhunderten schon standen seine
aus der „Bruderschaft des Spitals vom heiligem
Grabe" hervorgegangenien Ritter als Schild Europas
dem ihnen zum Erzfeind gewordenen
Halbmond gegenüber. Längst waren die geistigen
und religiösen Grundlagen, aus denen die Einrichtung
erwuchs, nicht mehr vorhanden. Umso
stärkere Opferbereitschaft erforderte der Einsatz
nun auch gegen die immer gefährlicher werdenden
nordafrikanischen Seeräuber, insbesondere
seitdem Soliman der Prächtige die Staatsgeschäfte
in Byzanz in seine Hände genommen hatte
(1520 bis 1566). Schwer traf den Orden zwei Jahre
später der Verlust von Rhodos und der mit diesem
Inselsitz verbunden gewesenen politischen
Unabhängigkeit. Zwar bekam er 1530 das Felsennest
Malta sowie die bedeutende Hafenstadt Tripolis
nebst vier weiteren Inseln von Kaiser Karl
V. als fneiadeliges unumschränktes Lehen zugeteilt
.
Auch die Loslösung sämtlicher Komtureien
in England und Brandenburg in diesen Jahrziehn-
ten der Glaubensspaltung konnte weder die
Kampfkraft noch das Ansehen des Malteserordens
schwächen. Das bewies er Ende Mai 1565
bei dem eingangs schon erwähnten Großangriff
Solimans auf Malta. Mit 9000 Rittern, waffentragenden
Brüdern nebst angeworbenen Söldnern
hatte sich der Großmeister Jean Parisot die
la Valette gegen ein osmanisches Expeditionskorps
in Stärke von 40 000 Kriegern auf 190 Galeeren
mit Erfolg behauptet. Mit angehaltenem
Atem hatte ganz Europa diesen Kampf verfolgt.
Sogar Elisabeth von England, die „große' Ketzerin
", ordnete bei der Siegesnachricht in allen
ihren Kirchen Dankgottesdienste für die Dauer
von sechs Wochen an3.
Bei ihrer übernationalen Stellung besaßen die
Malteser zu allen Zeiten überragende Persönlichkeiten
, die sich über die Grenzen der ihnen
vom Großmeister gestellten Vlerpflichtungen hinweg
große Verdienste erwarben. Zu diesen zählte
neben dem in den Fürstenstand erhobenen Großprior
Wypert von Rosenbach in Hfeitersheim der
Großkomtur von Kalibrien Luis de Requesens.
Nachdem er längere Zeit den spanischen Hof
beim Hl. Stuhl vertreten hatte, berief ihn König
Philipp zum ständigen Begleiter und Ratgeber
Don Juans, der als Oberbefehlshaber eines starken
Heeres mit der äußerst gewaltsamen Unterdrückung
des letzten Moriskenaufstandes beauftragt
worden war. Auf diesem Posten trug drei
Jahre später Luis de Requesens neben Don Juan
die Hauptverantwortung sowohl für die Vorbereitung
wie auch für die Durchführung des Großangriffs
gegen die türkischen Seestreitkräfte.
Mancherlei Bedenken finanzieller und politischer
Art standen dem päpstlichen Legaten zu
Beginn seiner Besprechungen mit den Senatoren
der Republik Venedig im Wege. Die letzten Reste
ihrer Kolonien im östlichen Mittelmeer lagen in
der osmanischen Machtsphäre, und ihre Handelsbeziehungen
mit andern Völkern des Orients, die
ganz vom Wohlwollen des Sultans — vor allem
was Lebensmittel und Luxuswaren anging —
waren für die Handelsriepublik äußerst wichtig.
Nachdem jedoch die Absichten Solimans, die seinem
Bereich nahegelegene Insel Zypern anzugreifen
, immer mehr am politischen Himmel sich
abzeichneten und schließlich das türkische Ultimatum
in der Lagunenstadt überreicht worden
war, wandte sich der Senat eillends an Pius V. um
Hilfe. Militärisch gesehen galt die venezianische
Streitmacht der spanischen als ebenbürtig, und
ihre Admirale und Kapitäne mit Kenntnissen
und Kriegserfahrung waren für die Liga ebenso
wertvoll wie die Menge der für den Seekampf
umgebauten Handelsfahrzeuge zur Aufnahme der
angeworbenen Söldner aus den verschiedensten
Ländern Europas.
Den mächtigsten Bundesgenossen fand der
Vatikan in König Philipp II. von Spanien. Zwar
hielten ihn schwere innerpolitische Sorgen wegen
der Erhebung der Niederlande (wohin er gerade
den Herzog Alba an der Spitze eines beachtlichen
Heeres geschickt hatte) und des Aufstandes der
maurischen Morisken im eigenen Lande lange
Zeit von einem Eingehen in die ihm fast aussichtslos
scheinenden Pläne des Hl. Stuhles ab.
Als Besitzer umfangreicher Teilkönigreiche auf
dem Festland, in Italien und auf den Mittelmeerinseln
, als Gebieter über Deiche Geldmittel, die
dem jungen Weltreich aus seinen Kolonien jenseits
des Atlantischen Ozeans zuflössen, als Oberbefehlshaber
der gefürchteten Armada und nicht
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