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Er wurde 1770 als Sohn eines Pfarrers in Kandern geboren
und arbeitete als Aktuar beim Oberamt Hotteln in
Lörrach, als er mit Hebel bekannt wurde. Später studierte
er noch Jura, wurde 1800 Hofgerichtsadvokat in Karlsruhe
und stieg bis zum Oberhofgerichtsrat in Mannheim
auf. Die Verbindung zu Hebel riß bis zu dessen Tod nicht
ab.
Blaurock nannten die Lörracher Freunde, die Pro-
teuser, jeden vornehmen Herrn. Hebel schrieb im Februar
1801 an Hitzig: Dermalen arbeite ich am Dengelengeist
in Hexametern. Soll ich ihn dem Blaurock dediciren? Es
ist nicht mehr als billig. Vielleicht dachte der Dichter hier
an den Markgrafen Karl Friedrich.
Die Bezeichnung der blinde Sänger läßt an Homer
denken, den Verfasser oder angeblichen Verfasser
der Ilias und Odyssee. Der Überlieferung nach soll Homer
blind gewesen sein. Als Hebel im Juli 1818 an Wessenberg
schrieb: Möge... der blinde Sänger mit seinen Dudeleien
Ihnen nicht beschwerlich werden, dachte er wahrscheinlich
an Ignaz Fellner (1754 —1825), den katholischen Pfarrer
in Merzhausen bei Freiburg.
Der blutige Braunauer ist Christof Reinhard
Dietz. Er war 1782 in Karlsruhe geboren und hatte den
Feldzug der badischen Truppen 1805 als Feldprediger
mitgemacht. Das Korps war die meiste Zeit in Braunau
am Inn zu Gefangenentransporten eingesetzt worden. Im
Januar 1806 schrieb Hebel an Sophie Haufe: Auch der
blutige Braunauer (Vikar Dietz) will nicht nach dem Elsaß
wandern. Hebel fand keine Begleiter für seine Wanderung
. Dietz wurde Pfarrer in Sand und mußte wegen
Krankheit schon 1822 in den Ruhestand treten. Er starb
1829.
B ö b b i nennt Hebel die Bewohner Basels. Auch müssen
Sie und nicht der Böbbi, die Copulation ins Kirchenbuch
eintragen (Brief an Günttert vom 6. April 1802). Wegen
der strengen Gesetze in Basel, die beispielsweise
Heiraten zwischen Reformierten und Lutheranern untersagten
, ließen sich viele Basler im benachbarten Mark-
gräflerland trauen.
Niclas Bonaparte statt Napoleon Bonaparte ist
kein Übername, sondern eine Fälschung, auf die Hebel
hereingefallen ist. Eine Pariser Zeitung schrieb im April
1814, der Vorname Bonapartes sei Nikiaus oder Maximilian
. Diese Behauptung wurde von vielen deutschen Zeitungen
aufgegriffen und verbreitet. Deshalb schrieb Hebel
an die Familie Schütz im März 1815: Cr. d. 21. Merz —
(ist der nemliche Tag, an welchem Niclas Bonaparte in
Paris seyn wollte). Napoleon war tatsächlich am 21. März
in Paris, die Nachricht davon erreichte Karlsruhe aber
erst am 24. März.
Hebel nennt die Kaiserin Josephine im Brief vom
1. Sept. 1808 an Sophie Haufe die Bonapatrix. Sie
weilte zu der Zeit in Straßburg. Die lateinische Endung
-trix weist auf die weiblich Form eines Wortes auf -tor:
aus imperator wird imperatrix (die Herrscherin), aus Victor
victrix (die Siegerin). Hebel macht im Scherz, indem
er gewaltsam latinisiert, aus Bonaparte Bonapatrix (der
weibliche Bonaparte).
Kirchenrat Christof Heinrich Doli muß es sich gefallen
lassen, daß Hebel ihn der böse Wegschnapper
nennnt, im Januar 1824 an Nüßlin. Doli war Hebel beim
Versand der Biblischen Erzählungen behilflich und verpackte
ein paar Sendungen falsch, so daß die bestellten
Bücher den Empfänger nicht erreichten.
Der Chrüterma ist der Botaniker Karl Christian
Gmelin. Der Chrüterma vo Badewiler het / mer's mengmol
gseit, und gflucht derzu, es soll \ kei Hypnum meh, kei
Carex in der Welt I vor sini Auge cho (an Ittner im Juni /
Juli 1807). Der Chrüterma wurde 1762 in Badenweiler geboren
, besuchte die Lateinschule in Müllheim, studierte
Medizin und Naturwissenschaften in Straßburg und Erlangen
, wurde 1784 Arzt in Karlsruhe und Kollege Hebels
am Gymnasium. Sein Hauptwerk, die Flora Badensis, erschien
1805 — 08. Im Schatzkästlein heißt er auch der
Schlangenfänger und Steindoktor.
Wen Hebel mit Demoisellchen meinte, ist unklar.
In Mannheim war Comödie... In der Comödie hab ich
Gott zum erstenmal für meine 35 Jahre gedankt. Fünfzehn
weniger, so hätte ich mich in ein schmuckes Demoisellchen
verliebt und vielleicht — erschossen (an Gustave Fecht
am 26. Oktober 1794). Vermutlich meint Hebel die Schauspielerin
Betty Koch (1778 — 1802), der die Kritiker den
Ton der Unschuld, Offenherzigkeit, Treuherzigkeit und
Munterkeit nachrühmten.
Auch die Doxa bleibt im Dunkel. Hebel schrieb im
Dezember 1803 an Nüßlin: Die Doxa, mein Bester, war es
gewiß nicht, die Sie eines Sonntags in der Kirche um alle
Fassung und um alle Andacht brachte, denn die Doxa war
den ganzen Sommer hier, und nie in der Kirche. Vielleicht
denkt Hebel an Amalie Leonhard, Mitglied des Karlsruher
Theaters. (Doxa = höchste Majestät Gottes).
Drekchdu: so viel wie Schwabenhammel.
Die Falschmünzerin ist nicht mehr zu ermitteln.
Hebel machte im August 1807 eine Badekur in Baden-
Baden und schrieb unter anderem an seine Freundin Gustave
Fecht: Ich erneuere wie einer, der lang in Amerika
gewesen ist, alte Bekanntschaften mit Personen, die ich
seit 10 Jahren, als ich aufhörte, Casino und Conzert zu besuchen
, nimmer gesehen habe. Auch die Falschmünzerin
ist alle Abend da. Ich habe den ersten Abend Bekanntschaft
mit ihr gemacht. Sie ist sehr artig und spricht sehr
vernünftig... Indessen weiß ich noch nicht, wer sie ist,
ob ich es gleich ieden Augenblick erfahren könnte. Denn
ich finde, es sey sehr interessant, ia fast abentheuerlich
mit einer Unbekannten bekannt zu seyn. Hätte er doch
gefragt, kann der Chronist nur ausrufen.
Im Brief vom 11. April 1802 an Hitzig steht ein fremdländisch
aussehender Name: Felicek. Und dann bitte
ich dich aber recht schön und kosig, ja koseselig, daß du
es noch einmal versuchen wollest, dem Felicek einen Strick
um den Hals zu werfen. Das klingt bös. Aber so schlimm
ist es nicht. Hebel versuchte, über Hitzig mit dem Basler
Buchhändler Samuel Flick wegen der alemannischen Gedichte
ins Gespräch zu kommen. Die Verbindung kam
nicht zustande. Die Alemannischen Gedichte erscheinen
1803 bei Macklot in Karlsruhe. Felicek ist durch Einschieben
von e zwischen die Konsonanten aus Flick entstanden.
Das ist eine proteische Angewohnheit und gehört zu den
Sprachspielereien, die im Freundeskreis um Hebel in
Lörrach ausgebildet wurden. Dazu zählt auch das Vertauschen
der Konsonanten n und s (vgl. Netoreck).
Der Herrenhuter wird Nikolaus Ludwig Graf von
Zinzendorf (1700 —1760) im Brief an Sophie Haufe vom
Januar 1823 genannt. Er war der Verfasser der Geist- und
lieblichen Lieder, die sich zum Herrnhuter Brüdergesangbuch
(1735) auswuchsen.
Hohenlohescher Hammel: siehe Pfeddelbacher Oberhammel
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