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die kleinen Köderfische; es ist ein kleiner Netzsack
mit einer Bogenöffnung, der vom Fischer
durch das niedrige Wasser mit den Händen gezogen
wird. Sein kleinerer Bruder ist der „Blüemli-
bähren." Mit dem „Stor- odier Streif bahren"
wurden die Ufer der Bäche nach Forellen und
Schleien abgestort, wobei der eine Fischer im
Wasser gehend, die Ufer abstochert, ein anderer
mit dem „Pfilzier", einer Stange mit einer Lederscheibe
an der Spitze, nachhilft.
Die Angelfischerei wird von den Berufsfischern
mit der Grund- oder Legschnur, heute
vorwiegend noch mit Erfolg auf Aal betrieben;
einst aber bissen auch die Forellen, Trüschen und
Alet (Döbel) an. Die Barben wurden mit Lachsrogen
auch tagsüber geködert, während auf die
anderen Fische vorwiegend über Nacht ausgelegt
wurde. An der starken Legschnur werden in Abständen
von etwa 3 m ca. 30 — 40 kurze Schnüre
mit angeschlauften Angelhaken eingeknotet und
mit kleinen Fischen beködert. Im Weidling läßt
ein Fischer vom verankerten „Landstein" aus die
Schnur im Fahren ablaufen, und mittels Steinen
am Boden wird das Gelege vollends verankert.
Am Morgen wird die Kette wieder eingezogen.
Am Hochrhein erwähnt K. Herbster in seinem
ausgezeichneten Aufsatz über die einstige Rheinfischerei
zwischen Säckingen und Basel u. a. auch
den Kleinfischfang bei Nacht mit dem Licht, im
Nachwinter bei sehr klarem und niederem Wasser
. Statt des Lachsgeeren setzte man das „Hä§el-
eisen" und das Deckgarn ein. Ersteres ist leichter
als der Geeren, hat mehrere Zinken ohne Widerhaken
. Das Deckgarn ist ein Netzsack, der an einem
kreisrunden Reif angestochen ist und an einer
rechtwinklig abstehenden Stange eingelegt
wird, um im Zug die vom Lichtschein angelockten
Fische aufzunehmen. (Fortsetzung folgt)
Dr.Klaus Rockenbach, Köln-Riehl: /JHP[ObZ\lT\Z TDOlFsFUnÖB
Anliegen und Methoden einer Wissenschaft
1.
Als Wissenschaft von Leben und Kultur des
Volkes tritt uns die Volkskunde entgegen. Sie
besitzt einen überwiegend beschreibenden Charakter
, der gelegentlich künstlerische Darstellung
erreicht. Sie erfaßt als deutsche, österreichische,
schweizerische usw. Volkskunde vor allem die
Menschen der eigenen Nation, ohne allerdings
die gegenseitige Beeinflussung benachbarter Völker
und das gemeinsame europäische Schicksal
zu übersehen. Umso eindeutiger aber setzt sich die
Volkskunde dafür von der Völkerkunde (Ethnologie
, Ethnographie) ab, die die afrikanischen,
amerikanischen, asiatischen und australischen
Volkskulturen erforscht. Dafür jedoch kennen
beide Wissenschaften wiederum einen gemeinsamen
Ausgangspunkt. Er liegt in den allgemeinen
menschlichen Lebenbedürfnissen und Lebensäußerungen
.
Sprache, Kleidung, Gerät und Werkzeug, Gebot
, Jenseits unterscheiden (nach den Forschungsergebnissen
des bedeutenden Heidelberger Sozialpsychologen
Willy Hellpach, „Einführung in die
Völkerpsychologie", 2. Aufl. Stuttgart 1944) den
Menschen grundsätzlich vom Tier. Seitdem der
Mensch außerdem für seinen Lebensunterhalt
sorgen mußte, hatte er Arbeit. Sobald er dabei
die lebensnotwendigen Dinge planmäßig beschaffte
, austeilte, aufbewahrte und verwendete, schuf
er Wirtschaft, Eigentum und Erwerb, die die wesentlichen
Triebkräfte des Wirtschaftslebens sind.
Frühe Stufen dieser Entwicklungen beobachtet
die Ethnologie noch heute bei primitiven Völkern
anderer Erdteile. Menschliche Bewegungslust
aber erzeugte im Laufe der Geschichte zahllose
Formen von zweckfreiem Spiel. Dieses führte —
was der große Königsberger Philosoph Immanuel
Kant in seiner „Kritik der Urteilskraft" 1790
schon entdeckte — zu Kunst, da jedes Kunstwerk
, jede Kunstausübung zweckfreie spielerische
Elemente enthält.
Zahlreiche Sachgebiete haben daher die Volkskunde
ebenso wie die Völkerkunde, von der wir
allerdings jetzt unseren Blick abwenden, zu erforschen
, wenn sie aus diesen urtümlichen Anliegen
der Menschheit her ihre Anregungen schöpfen
. Volkstum entfaltet dann nämlich vielseitige
sachliche Aspekte; über Sprache (einschließlich
Mundart), Kleidung und Tracht, Gerät, Sitte und
Brauch, Jenseitsglaube, Arbeit, Wirtschaftsleben,
Spiel und Volkskunst hinaus schiebt sich nicht
zuletzt auch das Verhältnis von Mensch zu Mensch
in das volkskundliche Blickfeld: die Altersgruppen
, Berufsstände, das Gemeindeleben.
Dabei wollen einige dieser genannten Stichworte noch
näher erläutert sein. Sitte und Brauch erfassen den Alltag
, die Feste, das kirchliche Leben, die Jahreszeiten und
die menschlichen Altersstufen. Der Jenseitsglaube führt
in religiöse Vorstellungen, aber auch in den Aberglauben.
Beim Wirtschaftsleben fesseln insbesondere alte Arbeitsweisen
, technische Bauten früherer Jahrhunderte und (soweit
Tracht) die Berufskleidung. Reiche Forschungsfelder
öffnet ferner die Volkskunst wie Lied, Tanz, Musik, Gesellschafts
- und Kinderspiel! Kostbares volkstümliches
Erzählgut und manche uralte Volksweisheit und Lebensregel
bewahren Märchen, Sage, Legende, Schwank, Witz,
Rätsel, Spruch, Sprichwort und Redensart.
Jedes volkskundliche Sachgebiet erzwingt natürlich
eine andere Forschungsmethode. Trotzdem
zersplittert die Volkskunde keineswegs in
ein Mosaik von Methoden, wie es ein erster Blick
auf sie wohl vermuten läßt. Eine gewisse Einheitlichkeit
in allen Arbeitsweisen wird sichtbar,
die bereits jahrzehntelang bewährt ist. Indem die
Volkskunde nach dem Sinn und Gebrauch von
Sprache, Tracht, Gerät, Werkzeug, Sitte, Brauch
und Kulturgut fragt, pflegt sie die funktionali-
stische Methode. Volkskunde ist dazu, wie seit
Jahrzehnten feststeht, eine historische, geographische
, soziologische und psychologische Wissenschaft
. Volkskultur erfordert bei der Erforschung
ihrer Entwicklung und. Ausbreitung historische
und geographische Arbeitsweisen. Volksleben läßt
sich am besten soziologisch und psychologisch er-
klären.
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