Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1968-05/0006
fern man nicht gar noch schnell im Trog am Brunnen ein
Huhn oder gar eine Gans brühte, für den hohen Herrn
Kurgast zum nachfolgenden, wohlverdienten Mittagessen
...

Kurz, man darf wohl mit großem Recht auch von Johann
Peter Hebel als von einem Badener Kurgast sprechen
. Noch im letzten Brief, in dem Baden-Baden erwähnt
wird, wenige Monate vor seinem plötzlichen Tod, schreibt
er:

„Ich befinde mich seit einiger Zeit ziemlich gut, so gut
im 67ten, daß ich Ihnen wohl noch etwas von Ihren Leiden
abnehmen könnte, wenn es nur möglich wäre. Gehen
Sie in kein Bad? Ich kam gestern aus zwei Bädern zurück,
von Baden und Bühlertal..."

Selbstverständlich war Hebel als der Poet der Alemannischen
Gedichte auch auf der Badener Promenade ein

Linbz un 2!kunne

(zuer Iweihig vom „Chlotze-Duhle-Brunne"
am 30. 4. 1968)

Schön sieht me s Lindeli stoh
nebe nem Brunne do,
groß isch er, rund un granite;
Baum in der Himmels-Huet,
Brunne, jetz stand au guet,
bruusch üs zue allene Zite.

Wasser un Saft, wo stigt,

hän bal die Neschtli verzwigt,

d Chrone wachst ufe n in d Sunne;

Siider johrus un johrii

hocke die Duhle derbi,

chlutteret s, geutscht es im Brunne.

All Johr über em Gruescht

schmeckt me der Lindebluescht,

loost me de Vogelstimme;

s Wasser isch jetz nümmi ehalt,

d Maideli pflättere halt,

d Büebli lön Schifli schwimme.

Alles brucht Wasser durii:
Mensche, Pflanze n un Vih,
jo, au Fabrike wänn trinke;
sorget, aß sufer der Woog
röhrlet luter in Trog,
allwil, solang mer drus trinke.

Hubert Baum

sehr beachteter und geachteter Kurgast. Manchmal erlebte
er dabei Überraschungen, so etwa bei einer Dame aus
Königsberg, die ihm ein Geschenk überbrachte:

„Als ich ihr meinen Besuch abstattete", berichtete Hebel
nachher, „machte ich wenig Umstände, ob es mir
schon bald vorkam, sie sey nichts gewöhnliches. Aber vorgestern
sah ich den Prinz Friedrich und seine Gemahlin
einen Besuch bei ihr machen. Ich hoffe er wird sich besser

benommen haben, als ich. Aber ich habe schon oft gewünscht
, die Alemannischen Gedichte nie geschrieben zu
haben, die mich mit der halben Welt in Bekanntschaft
setzen..."

Wie groß aber mag sein Erstaunen gewesen sein, als er
erfuhr, daß diese Henriette Barkley zusammen mit ihrer
Freundin Juliane von Krüdener, der Prophetin der Heiligen
Allianz, die so romantische Beraterin des russischen
Kaisers, nach Baden gekommen war, und erst, als sie
bald darauf sich mit dem patriotischen Dichter Max von
Schenkendorf, der damals in der badischen Residenz amtierte
, vermählte.

Wichtiger freilich waren für Hebel die Besuche bei Johann
Friedrich Cotta in dessen neuerbautem Badhotel
Badischer Hof, und selbstverständlich war sein Haus sehr
rasch Treffpunkt der vornehmen Gesellschaft geworden.
Cotta war es, der Hebels „Alemannische Gedichte", später
den „Rheinischen Hausfreund" und Hebels „Biblische
Geschichten" herausbrachte: klar, daß da der „Badische
Hof" die schönste Stätte zu Besprechungen von Autor und
Verleger war. Aber auch eine Fürstin sollte den Karlsruher
Kalendermann in Baden-Baden auf seine Bereitschaft
ansprechen, außer dem Rheinischen Hausfreund auch noch
einen württembergischen Kalender herauszugeben. Der
schwäbische Dichter Justinus Kerner, ebenfalls ein treuer
Kurgast, in diesem Fall Lichtentals, war von seinem Bruder
, dem damaligen württembergischen Innenminister,
aufgefordert worden, deswegen mit Hebel in Verbindung
zu treten. Ihm schrieb der badische Kalendermann unterm
20. Juli 1817 zurück:

„Dero schätzbares Schreiben traf ich nach meiner Rückkehr
aus Baden erst gestern an. In Baden wurde mir das
Glück zuteil, Ihro Majestät der Königin vorgestellt zu
werden. Sie sprach über Volksbelehrung und ihr Vehikel,
den Calender, mit mir, doch nur im Allgemeinen. Was
dieselbe veranlagte von meiner unbedeutenden Anwesenheit
Kenntnis zu nehmen, erklärt mir Ihr Schreiben. Sehr
ehrenvoll ist das Zutrauen einer solchen Königin zu meinen
Talenten und höchst beglückend wäre das Bewußtsein
zur Zufriedenheit derselben ihm entsprechen zu können
..."

Baden, die Bäder, die Landschaft, das Spiel, die Menschen
, die großen und die kleinen, die Zeit, die Jahre
zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und die ersten
zwei, fast drei Jahrzehnte des neuen spiegeln sich lebendig
, anschaulich und zuweilen mit echt alemannischer
hintergründiger Heiterkeit in den Briefen des Johann
Peter Hebel, aus denen wir in diesen Zeilen nur eine kleine
Auslese vorgestellt haben.

Der letzte Brief aber, der von Hebel erhalten ist, ging
— wie so viele Schreiben des Kurgastes Johann Peter Hebel
■— an seine „teuerste Freundin", Gustave Fecht, und
zwar war er datiert vom 9. September 1826. Er teilt darin
unter anderem mit, daß er morgen zu Prüfungen nach
Mannheim und Heidelberg fahre und erst gegen den 23.
September wiederkomme. Es sollte nicht sein. Am 22. September
starb er völlig unerwartet auf dieser Prüfungsreise
in Schwetzingen. Am folgenden Tage wurde Hebel
auf dem Friedhof dort zur letzten Ruhe gebettet. Am
offenen Grabe wird der Sarg noch einmal geöffnet und
ein Lorbeerkranz um die Stirn des Entschlafenen gelegt.
Es sind eigenartige Worte, die Hebel am Schluß seines
letzten Briefes an Gustave Fecht gebraucht hat, ganz im
Gegensatz zu allen früheren Verabschiedungen, als er diesen
Brief vom 9. Septemebr 1826 schloß: „Leben Sie wohl,
Teuerste, Ewig Ihr Hebel."

4


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1968-05/0006