http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mayer1935/0010
dere Ereignisse bedingt, es ist aber doch fraglich, ob
es überhaupt möglich gewesen wäre, das erstarkende
Eigenleben der Territorien und die Eigengesetzlichkeit
ihrer staatlichen Entwicklung durch das Lehensband
in bestimmte Grenzen zurückzuweisen. Vor allem
zeigt sich, daß diese Form des Staates von der
Person des Herrschers abhängig war. Personenverbandsstaaten
konnten von überragenden Führern, die
Gefolgschaft fanden und Gemeinschaft bildeten, rasch
zu großer Schlagkraft gebracht werden, aber ihr Bestand
war auch an die Wirksamkeit dieser Führer gebunden
. Große Personenverbandsstaaten werden von
genialen Männern getragen und geführt, denen es
manchmal gelingt, eine über ihr Leben hinausreichende
Gemeinschaft und eine bleibende Tradition
zu schaffen.
Diesem staatlichen Aufbaugrundsatz, der auf lebendiger
Gefolgschaft und auf persönlicher Herrschaft
beruht, steht jener andere gegenüber, der von der
Ausübung der staatlichen Verwaltungsfunktionen seinen
Ausgang nimmt, in kleinen Räumen und aus kleinen
Verhältnissen entsteht, langsam wächst, auf Einrichtungen
, auf dem Staatsapparat ruht, in ihnen besteht
. Dieser institutionelle Staat ist dauernder als der
nur oder fast nur auf der Gemeinschaft der Personen
ruhende Staat, der ohne großen Führer nicht bestehen
kann. Der institutionelle Staat wird von Talenten
regiert, für ihn besteht aber immer die Gefahr
, daß er in bürokratischer Verwaltungsroutine zum
Obrigkeitsstaat, der Selbstzweck ist, erstarrt. Der Personenverbandsstaat
ist die ältere Form des deutschen
Staates, der institutionelle Flächenstaat ist im Mittelalter
neben und im Gegensatz zum Bauprinzip des
Personenverbandsstaates zur Ausbildung gelangt. Man
faßt diesen Vorgang im allgemeinen unter dem Schlagwort
„Entstehung der Landeshoheit" zusammen, wir
glauben aber, daß es bei diesem Prozeß in erster Linie
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