http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/messager_rhin_1946/0055
LE MESSAGER DU RHIN
49
Das Rathaus von Ensisheim
Ganz sachte nahm er mich bei der Hand und führte mich
.über den sauber gefegten Hof in den ebenerdigen Hausflur
. »Agnees«, rief er in die halbdunkle Küche hinein,
»Neesle, wu bisch?«
Ein verhutzeltes Weiblein mit lieben, lustigen Augen erschien
unter der Küchentür, verwundert ob des frühen
Gastes.
»Gang geh Schnitz hole, Neesle, un gib dam Maidele
do e baar.«
Er öffnete die Stubentür: »Kumm ine!«
Verwundert sah ich mich um. Schöne, blankpolierte
alte Möbel standen da. Grüne Pflanzen an allen Fenstern
. Ein ganz zarter Hyazinthenduft hing in der behaglich
durchwärmten Luft. »Lüeg, geschtert isch se-n-
üsgschlupft!« Mit einer liebevollen Bewegung wies der
Alte nach der mattrosa Blume auf dem altertümlichen
Nähtischchen: »'s Neesle hett küüm geschloofe vor
Freid, gall!«
Die alte Frau lachte: »Faschtgar!« Sie füllte mir das
Schürzchen mit »Schnitz«, die ich mehr als alles liebte.
Freundlich strich sie mir über das Haar.
Wem ich gehöre, wollte sie dann wissen. »Im Abbedee-
ger, gall?«
»Nei, im Boschdmeischter!«
»Dini Mamme-n-isch so-n-e güedi Fräu«, sagte sie anerkennend
.
»Das will i meine!« bekräftigte der Alte. »Un dr Babbe-
n-isch e rachder Mann, einer vu de g a n z rachde!«
Das Lob meiner Eltern machte mich stolz, dazu die vielen
Schnitz im Schurz — meine Lebensgeister regten
sich wieder. Gerne wäre ich noch geblieben, aber leider
war es nun doch wohl Zeit zur Schule. Bedauernd ver-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/messager_rhin_1946/0055