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LE MESSAGER DU RHIN
T^EIBERKAMPF —
7i;EIBERSIEG —
<~W EIBERHERRSCHAFT
Gar mancher Leser wird beim Titel den Kopf
schütteln und sagen, da macht einer seinem Herzen
Luft. Ein anderer möchte ihn treffen, um ihm
sein Beileid auszusprechen. Ein Dritter wird mit
dem guten Rat kommen, denken Sie was Sie wollen
, aber um Himmels willen schreiben Sie das
nicht, denn man kann nicht wissen, ob das meine
Frau liest und... sie ist so reizbar, Der Vierte reibt
sich seelenvergnügt die Hände, denn es wagt's
einer ihnen heimzuleuchten. Jeder Folgende möge
sein eigenes Gesetzlein hinzufügen für den nächsten
Jahrgang.
Was werden jedoch die noch zahlreicheren Leserinnen
sagen? Darüber schweigt des Sängers
Höflichkeit.
Der Zweck dieses Aufsatzes ist durchaus nicht
eine Intrigue oder ein Pamphlet auszustreuen, sondern
eine Rückschau in die bewegte Vergangenheit
unseres Landes anzustellen. Einzelne markante Tatsachen
sollen vielmehr den Gedanken, der in der
obigen Widmung ausgesprochen ist, beleuchten.
Es war am Ostermorgen des Jahres 1106. Der
kaiserliche Schloßvogt von Rufach hatte eine
schöne Bürgerstochter auf dem Weg zur Kirche
ihrer Mutter entrissen. Die arme Frau rief, sobald
sie sich vom ersten Schrecken erholt hatte, Männer
zur Hilfe. Allein keiner wagte es aus Furcht
vor den Truppen des Vogtes. «Da wandte sich»,
erzählt A. Stöber in den Sagen des Elsasses, «die
bange Mutter an die Frauen und beschwor sie bei
der Liebe zu ihren eigenen Kindern, die ja ebenfalls
der Wut des Tyrannen ausgesetzt seien, ihr in
ihrem Jammer beizustehen. Ihre Worte fanden
Widerhall in den Herzen der Mütter. Sie bewaffneten
sich mit Hauen, Pickeln, Bengeln, Besen und
Knebeln, drangen in's Schloß, sprengten die Türen
und noch ehe die Wache, die auf einen solchen
Angriff nicht gefaßt war, zu den Waffen greifen
konnte, schlugen die heldenmütigen Weiber dieselbe
zusammen.»
Beschämt ob solchen Wagemuts griffen die
Männer langsam auch zu und vollendeten das
Werk durch völlige Vernichtung der Truppen.
Kaiser Heinrich V., der gerade anwesend war, entkam
mit Mühe und Not und flüchtete nach
Colmar. Die Frauen aber bemächtigten sich der
kaiserlichen Kleidungsstücke und zogen mit Krone,
Zepter und Herrschermantel triumphierend in die
Pfarrkirche und legten diese Insignien auf den
Altar der Himmelskönigin.
Seit dieser Begebenheit behaupten die Frauen
Rufachs den Vorrang und heute noch nehmen
sie in Erinnerung an ihre Vorfahren, entgegen der
alten Überlieferung, die Stühle auf der rechten
Seite der Kirche ein.
Laut einer Sage hat sich in Sulz bei Gebweiler
im Jahre 1365, als die «wilden Engländer» das
Städtchen belagerten, folgendes zugetragen:
Die beherzten Frauen traten zusammen und beratschlagten
, wie sie den Mordbrennern schaden
könnten. Nach kurzer Unterredung beschlossen
sie, die Feinde mit heißem Brei, mit Pappe und
siedendem Öl zu begießen. Als sie eifrig bei dieser
Handlung waren, erhoben sie ein furchtbares Gekreisch
, einen ohrenbetäubenden Lärm, so daß die
Belagerer abzogen, ohne die Festung eingenommen
zu haben.
Auch ihnen räumten die Männer seit jener Zeit
den Ehrenplatz bei feierlichen Anlässen und in der
Kirche ein. Doch nicht genug damit, die Männer
mußten sich von ihren Gebweilern Nachbarn spöttischerweise
«Pappenschlecker» rufen lassen. (Jos.
Levy)
Eine ähnliche Episode wie in Rufach spielte
sich in Buchsweiler bei Zabern ab. Graf Jakob von
Lichtenberg lebte in unordentlichen Verhältnissen.
Sein Kebsweib, die schöne Bärbel von Ottenheim,
steigerte von Woche zu Woche ihre tyrannischen
Forderungen den Hörigen des Grafen gegenüber.
Die Dirne wurde frech und übermütig, besonders
den armen und hilflosen Leuten setzte sie hart zu.
Sie zwang viele von ihnen, ihr jede Woche, ohne
den geringsten Lohn und ohne daß ihnen nur ein
Stück Brot dafür dargereicht wurde, zwei bis drei
Tage schwer zu fronen. Die armen Menschen mußten
der «Gräfin» Lein säen, später jäten, dann
Lichter machen und vor allem spinnen. Außerdem
befahl sie jeder Hausfrau jährlich ein Pfund Garn
zu liefern. Alltäglich mußte die Sahne der Milch
sämtlicher Kühe von Buchsweiler ins Schloß geliefert
werden!
Im Jahre 1462 verordnete die Herrin einen
neuen Frontag. Die Männer waren der Sache überdrüssig
und versammelten sich zur Beratung. Die
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