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LE MESSAGER DU RHIN
«Nun hoffe ich, daß Du nicht vergessen wirst,
daß morgen Dein Hochzeitstag ist?»
«O, nein, gewiß nicht, Sire!»
«Ich gebe Dir achtzig Stunden Urlaub; denn
jeder muß seine Geschäfte besorgen. Aber übermorgen
mußt Du wieder in meinem Dienste ste-
hen... Du wirst mir auch Dein Weibchen vorstellen
... Ach, beinahe habe ich es vergessen.
Schau, diesen Strauß wirst Du ihr geben, es ist
mein Hochzeitsstrauß. Du wirst Deiner Zukünftigen
sagen, daß er von* einem Deiner besten
Freunde kommt! Du wirst auch beifügen, daß es
nur darum keine natürlichen Blumen sind, damit
der Strauß länger hält... Und nun gute Nacht!»
Am andern Morgen bewunderte die junge Frau
die künstlichen Blumen, die so frisch und zart
waren wie natürliche. Dann rollte sie das Papier
los, das ihn umhüllte, und sah, daß der Strauß zusammengebunden
war mit einer Kette feinster Perlen
, zwischen denen immer wieder große Brillanten
, Türkise und Rubine leuchteten. Es war das
schönste Geschmeide der Welt.
Rapp war weniger gerührt von dem reichen Geschenke
als von den Worten, die der Kaiser am
Abend zuvor an ihn gerichtet hatte: «Sage, daß
es von einem Deiner besten Freunde kommt!»
Das war für unseren General das eigentliche
Hochzeitsgeschenk.
Rappdenkmäl in Colmar
Napoleon und Rapp 1815
Rapp zeichnete sich noch mehrfach glänzend an
der Spitze seiner Reiter aus, immer vorn dran, oft
verwundet. Besonders im russischen Feldzug und
auf dem Rückzug sowie bei der Verteidigung von
Danzig. Immer auch gab er unumwunden seiner
Meinung Ausdruck zum großen Entsetzen der Höflinge
. Napoleon hingegen schätzte gerade diese
Offenheit und Geradheit Rapps. Nach der Übergabe
von Danzig kam Rapp als Gefangener nach
Kiew und kehrte erst nach Napoleons Sturz nach
Frankreich zurück und wurde durch König Ludwig
XVIII. ehrenvoll aufgenommen.
Als aber Napoleon von der Insel Elba zurückkehrte
, stellte sich Rapp ihm wieder zur Verfügung,
doch nicht ohne Widerstand.
«Sie haben lange auf sich warten lassen, sagte
Napoleon. Wollten Sie sich wirklich mit mir
schlagen?»
«Meine Pflicht, Sire, ich war gezwungen.»
«Zum Teufel! Die Soldaten hätten Ihnen nicht
gehorcht, Ihre Elsässer hätten Sie gesteinigt!»
Rapp widerstand weiter, warf Napoleon in freimütiger
Weise vor, zu viele Kriege unternommen
zu haben. Plötzlich aber sprang Napoleon in den
Lagerton über, der Rapp zu Herzen ging:
«Oder hättest Du etwa Furcht, einen neuen
Krieg zu beginnen, Du, der fünfzehn Jahre lang
mein Adjutant gewesen? Als Du aus Ägypten
kamst, warst Du nichts als ein Soldat. Ich habe
etwas aus Dir gemacht. Heute kannst Du die höchsten
Ansprüche stellen.»
«Ich habe nie eine Gelegenheit vorübergehen
lassen, Ihnen dafür meinen Dank an den Tag zu
legen, und, wenn ich hpute noch lebe, so ist das
wahrlich nicht meine Schuld.»
«Niemals werde ich Dein Verhalten beim Rückzug
aus Rußland vergessen. Vor Danzig hast Du
das Höchste geleistet. Ney und Du, Ihr gehört zur
kleinen Zähl derer, die von Stahl sind.»
Plötzlich umarmte er ihn, küßte ihn mehrmals,
zog ihn am Schnurrbart.
«Was? Einer von den Tapferen von Ägvpten
und Austerlitz? Du kannst mich nicht im Stiche
lassen. Du wirst das Kommando der Rheinarmee
übernehmen, während ich mich mit den Preußen
und Russen befasse.»
Rapp führte den Befehl aus und verteidigte heldenhaft
das Elsaß, warf die Österreicher unter den
Mauern Strasburgs nochmals zurück, doch der
Krieg war bei Waterloo bereits verloren.
Mahnung Rapps für seinen Sohn
Rapp heiratete nach Napoleons Sturz zum zweiten
Male mit Albertine von Rothberg. Der Ehe
entsproß ein Sohn, Maximilian, den er außerordentlich
liebte. Aber der General wollte, daß
dieses Kind einfach erzogen würde und daß es nie
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