Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., J 3366,go-1946/48
Le Messager du Rhin: Almanach pour 1946
Colmar, 1946.1945
Seite: 85
(PDF, 29 MB)
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LE MESSAGER DU RHIN

85

vom unablässig anstürmenden Wasser. Die meisten
sind ganz öde Felsenriffe, ohne Vegetation außer
den Algen, dem «goemon», der in langen Ketten
die Granitfelsen behängt. Diese Inseln, von zahlreichen
Möven umschwirrt, hinterlassen einen
merkwürdigen Eindruck. Erinnerungen aus frühen
Jugendjahren glommen in mir auf, ich dachte an
Robinson Crusoe, an verschlagene Seefahrer auf
wilden Inseln. Grausam starren die Felsen, ein verwittertes
Chaos, dräuende Formen nehmen sie an:
wilde Chimären, Zacken, Kegel, Dome, die in den
wolkenschweren Himmel ragen, und um die' seit

Himmel hatte sich im Westen gelichtet, während
gegen Granville zu noch schwarze Regenwolken
hingen. Dieser Kontrast gab dem Meere eine sonderbare
Farbe: ganz lichtgrün, wunderbar grün
waren die Wasser, aber dunkelviolett, wie die in
Regen gehüllte Küste, die Widerschimmer. Mehr
und mehr brach sich die Sonne Bahn und goß
Silber, zitterndes, blendendes Silber in die Fluten,
während die Chausey-Inseln am Horizont wieder
zu einem schmalen, graubraunen Streifen zusammenwuchsen
.

Weit draußen aber stand luftig und licht der

Malerisches Leben und Treiben an der Küste

Jahrtausenden das Meer rauscht und nagt immerfort
. Schaurigschöner Eindruck, ewig bleibendes
Bild!

Wir waren an einer der Inseln an Land gegangen
. Während ich aber meinen Träumereien nachhing
, gab sich mein Freund dem Fischen hin und
erbeutete auch eine Masse Crevetten; die Schiffer
aber weiter draußen mähten eilig das Seegras. Auf
einmal setzte die Flut ein, und mit unglaublicher
Geschwindigkeit drangen die Wassermassen heran.
Eilig begaben wir uns auf das Schiff und halfen
den Leuten, das süßlich und salzig riechende Seegras
ins Innere zu bergen. Nun ließen sich alle das
einfache Mahl munden, während die Flut rasch
stieg und die Felsenriffe einen nach dem anderen
verschlang.

Dann wurden wieder die Segel gehißt, und die
Rückfahrt begann. Rasch trieb die Flut das Schiff
vorwärts, aber es hieß aufpassen, der «Kommandant
» jedoch kannte gut die Fahrrinne. Nur einmal
wurde das Schiffchen gegen einen zwanzig
Meter hoch aufsteigenden Felsen getrieben. «Nous
allons dans le caillou!» rief nervös einer der Schiffer
. Doch der Chef blieb ganz ruhig und manövrierte
das Steuer, daß wir an dem «Caillou» vorbeikamen
. Das Meer war ruhiger geworden. Der

Mont St-Michel. Ich weiß nicht, es war plötzlich
etwas wie ein Heimweh in mir, etwas Stilles und
Gutes breitete sich in mir aus, Liebe zu dieser
Erde, zu der Normandie, von der ich nun bald
Abschied nehmen mußte. Die Bretagne lockte,
mein Freund begleitete mich, aber Henriette würde
nicht mehr bei mir sein.

Ich erzählte ihr meine Seelenstimmung, als ich
kurz darauf mit ihr den Mont St-Michel besuchte,
«la merveille de l'Occident». Sie schaute mich
aufmerksam und ohne Lächeln von der Seite
her an.

Scharf steigt der Berg mit der Abtei, der Kirche
mit der feinen hohen Spitze zum Himmel, ein herrlicher
Anblick, lind wenn man dann den Berg
hinaufsteigt, da stemmen sich die alten, hohen
Mauern fest in die Granitfelsen, die Gassen sind
schmal, die Häuser mittelalterlich. Immer enger
wird der Felsen, immer höher die Granitmauern.
Und so rundet sich das Ganze, aufsteigend bis zur
Spitze, zum Kunstwerk, das seinesgleichen nicht
findet in weiter Runde. Fern ist die Küste, fern
auch das Meer, das die Ebbe weit zurückgedrängt
hat, aber aus dem schlammigen Sande erhebt sich
das Juwel. Henriette erzählte mir vom Mont
St-Michel und seiner Geschichte, sie ließ den Füh-


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