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88 LE MESSAGER DU RHIN
«DER RHEIN SOLL NKHT MEHR VÖLKERGRENZE
SEIN, SONDERN EINE VERBINDUNG DER VÖLKER
DES WESTLICHEN EUROPA. »
General de Gaulle.
Die Worte von General de Gaulle haben einen
tiefen Widerhall in den Herzen der Elsässer gefunden
; denn immer ist der Rhein die Lebensader des
Elsaß gewesen, zu sehr sind die beiden miteinander
verknüpft, zum Guten und zum Schlechten, zu
Freude und Wohlstand, aber auch zu Feindschaft
und Krieg. Das Elsaß erhofft heute viele Vorteile
von einer großangelegten Rheinpolitik Frankreichs.
Schon sehr früh hatte der Strom einen bedeutenden
wirtschaftlichen Wert für das Elsaß. Wie uns
im 9. Jahrhundert der aquitanische Mönch Ermol-
dus Nigellus den Reichtum des Elsaß besingt,
erfahren wir, daß die Schätze des Landes, Korn
und Wein ausgeführt werden, rheinabwärts bis zur
Nordsee, und daß dafür andere Produkte ins Land
kommen. Straßburg wußte sich damals bereits
(831) Zollfreiheit im ganzen karolingischen Reich
und vornehmlich in den Rheinstädten zu sichern.
Die Straßburger Schiffer waren durch die Jährhunderte
hin ob ihrer Geschicklichkeit, ihres
Eifers, ihres Organisationssinns berühmt, sie besaßen
das Handelsmonopol von Basel bis Mainz
und beherrschten auf diese Weise den oberen und
mittleren Rheinstrom. Die Waren, die aus Italien,
Südfrankreich und der Schweiz auf der Achse bis
Straßburg gekommen waren, wurden hier umgeladen
und schwammen auf dem Rhein gegen Norden,
kamen nach Frankfurt, Köln, Holland und England.
Straßburg war das Zentrum des elsässischen Handels
, der Ausfuhr und Einfuhr, und durch diese
rege Tätigkeit auf dem Rheinstrom kamen durch
die Jahrhunderte hin Wohlstand und Reichtum ins
Land.
Eine viel geringere Bedeutung hatte die Fischerei
für das Elsaß, die allerdings dem Lande zahllose
Fische lieferte und einer ganzen Reihe von Dörfern
den Lebensunterhalt sicherte. Besonders der Lachsfang
zwischen Juni und Dezember rief ein reges
Treiben an den Elfern des Stromes hervor.
Eine andere Industrie, von der man heute kaum
mehr etwas weiß, war das Goldwaschen. Es wurde
schon im beginnenden Mittelalter betrieben. Bei
einer Schenkung Herzogs Attich für das Kloster
Ebersheimmünster wird eine Goldwäsche erwähnt
(667). Später, im Jahre 778, bei einer Schenkung
an Kloster Eschau ist die Rheininsel «Zuzenowe»
genannt, «mit dem Sand, in dem Gold gefunden
wird»; 823 wurde dem Goldwaschen beim Dorf
Plobsheim nachgegangen. Weiterhin ist die ergiebige
Goldwäscherei von Seltz bekannt, über die
im 16. Jahrhundert Sebastian Münster in seiner
«Cosmographey» schrieb: «Bei diesem Städtlein
schöpft man im Rhein viel schenes und lauteres
Gold, so man aus dem Sand des Rheins ausschepft
und wescht...» Die Stadt Straßburg, sowie der
Bischof, hatten bedeutende Goldwäschereien, die
sie verpachteten. Andere Dörfer, in dem das Goldwaschen
betrieben wurde, sind Offendorf, Dalhun-
den, Beinheim, Münchhausen. Mit der Zeit wurde
aber die Ausbeute des durch die Wässer angeschwemmten
Goldes immer geringer, und so hörte
diese Industrie auf dem elsässischen Rheinufer auf.
Aber die Sage, die des Menschen Wünschen und
Sehnen nach Gut und Glück zusammenfaßt, spricht
von diesen versunkenen Schätzen. Dem Nibelungenlied
nach, das auch im Elsaß bekannt ist,
liegt der ungeheure Nibelungenhort im tiefen
Rhein an unbekannter Stelle. Ferner erzählen die
Sage und die Geschichte von Merkwürdigkeiten
verschiedener Art, davon einige Proben folgen,
und sie alle zeigen, wie sehr das Elsaß mit dem
Rhein verbunden ist.
★
Die Geisterkirche auf dem Rhein
Auf einer Inselgruppe zwischen Kembs und
Niffer, wo sonst nur Schilf, niedriges Gestrüpp
und Weidenröschen wuchern, sieht man zur Adventzeit
um die mitternächtliche Stunde eine
schlanke, mit Türmen und Kuppeln geschmückte
Kirche emporsteigen, welche das Volk als die
Geister- oder auch als die Nebelkirche zu bezeichnen
pflegt. Sie scheint nicht auf festem Boden zu
stehen, denn ihre Türme bewegen sich leise bald
hier bald dorthin, zwei weißen durchsichtigen
Schleiern ähnlich. Man sagt, es sei diese Kirche,
in der eine große Volksmenge Heil und Zuflucht
gesucht habe, von den hochbrausenden Wellen des
Rheines verschlungen worden, und der Ton ihrer
Glocke soll noch hie und da, wie leise Geisterlaute,
vernommen werden.
Infolge einer Wette verpflichteten sich vor Jahren
zwei beherzte Burschen der Geisterkirche in
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