Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., J 3366,go-1946/48
Le Messager du Rhin: Almanach pour 1946
Colmar, 1946.1945
Seite: 98
(PDF, 29 MB)
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98

LE MESSAGER DU RHIN

Die Romanus-'Wallfahrt in Jleinincjen

Von Leon Josbert

Reiningen ist den meisten unserer Landsleute
durch das in der Nähe der Ortschaft gelegene
Trappistenkloster Ölenberg bekannt. Früher allerdings
hatte das Dorf auch als Wallfahrtsstätte zu
Ehren der heiligen Märtyrer Romanus und Laurentius
einen guten Klang. Einer alten Legende zufolge
ließ Papst Leo IX., der Grafensohn aus Egisheim,
auf einem Maultier Reliquien des hl. Romanus und
anderes Heiltum (d. h. Reliquien) nach dem von
seiner Mutter Heilwig gestifteten Ölenberg bringen
; allein das Maultier blieb dort, wo sich heute
die Kirche von Reiningen erhebt, stehen und konnte
nicht mehr weitergebracht werden, — eine vielfach
erzählte Legende. Man sah dies als ein Zeichen
des Himmels an und man erbaute hier ein Gotteshaus
, in dem man das Heiltum niederlegte.

Geschichtlich fest stehen die Beziehungen der
Grafen von Egisheim zum Ölenberg, der vielleicht
durch Leo IX. dem Päpstlichen Stuhle unterstellt
wurde; dem Kloster wurde die Reininger Kirche
inkorporiert. Die Stellung des Ölenberg und der
Kirche von Reiningen zu Rom geht aus einer Urkunde
Alexanders III. (1180), dem Register der
päpstlichen Klöster und Kirchen des römischen
Kämmerers Cencius (1192) und einem Dokument
Sixtus IV. (1480) hervor: der Ölenberg und Reiningen
zahlten jährlich einen byzantinischen Goldgulden
an den Hl. Stuhl. Vermutlich kamen durch
Leo IX. Reliquien des hl. Märtyrers Romanus, der
im Gefängnis durch den Rost-Heiligen Laurentius
getauft worden war, nach Reiningen: ein Teil seines
Hauptes, eine Armreliquie und der Gürtel.
Aber noch anderes Heiltum bewahrte man in Reiningen
auf, so des hl. Fabian und des pfeildurchbohrten
Sebastian, der heiligen Concordia und
Margareta, des hl. Vincentius, des spanischen Rost-
Märtyrers, des hl. Petrus, des Täufers, vor allem
aber des hl. Laurentius. Diese Reliquien legte man
in kostbare Reliquienschreine, von denen der eine
aus dem 11. Jahrhundert, aus der Zeit Leo IX.
stammen dürfte. Der eigentliche Romanusschrein
gehört dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts
an und wurde nach der Inschrift durch den Pfarrer
von Reiningen, Algodus, angefertigt. Diese
beiden in der Sakristei aufbewahrten Reliquienschreine
aus Holz sind mit Silber beschlagen und
mit Apostelfiguren und symbolischen Reliefs geschmückt
, — wertvolle Arbeiten, die der künstlerischen
Note nicht entbehren.

Die Haupt-Reliquie des hl. Romanus sowie das
Heiltum des hl. Laurentius legte man in eine gotische
Büste des hl. Romanus, die aus Silber gearbeitet
ist und dem 14. Jahrhundert angehört. Die
Reliquien! des hl. Laurentius kamen wohl mit jenen
des hl. Romanus nach Reiningen; 1720
schenkte die Markgräfin von Baden neues Heiltum
des hl. Laurentius, die sie in die vergoldete
St. Laurentiusbüste (aus dem 18. Jahrhundert stammend
) legte. Die oben erwähnten Reliquienschreine
wurden unter dem tüchtigen Propst Friedrich Rot
von Ölenberg um 1510 renoviert.

Die Kirche von Reiningen, die dem hl. Romanus
geweiht war und in St. Laurentius ihren zweiten
! Patron sah, wurde bald, dank der hier aufbewahrten
Reliquien, eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte
, begnadet durch zahlreiche wunderbare Ge-
betserhörungen, ausgestattet mit reichen Ablässen
(u. a. 1481 und 1671). Den hl. Romanus rief man
besonders gegen Besessenheit an, und die Jahresberichte
der Jesuiten, denen seit 1626 Ölenberg
gehörte, wissen von auffallenden Heilungen zu berichten
. Dasselbe bezeugt auch ein Visitationsbericht
von 1650. Im Jahre 1609 schenkte der
Magistratsherr von Gebweiler, Sonnenglanz, der
Kirche ein silbernes Kreuz (in dem man bis 1789
die Kreuzpartikel aufbewahrte) zum Zeichen des
Dankes für die Heilung seiner besessenen Tochter.
Der Visitationsbericht 1650 und die Jahresberichte
der Jesuiten erwähnen auch eiserne, an den Reliquien
berührte Kopfringe, die man gegen Kopfschmerzen
trug. St. Romanus wurde also auch gegen
diese angerufen, wohl weil man in Reiningen
Teile seines Hauptes besaß. Tausende von Pilgern
strömten am 9. und 10. August nach Reiningen,
um die beiden Heiligen zu verehren und an der
Prozession teilzunehmen; auch Andersgläubige aus
Mülhausen stellten sich oft hier ein.

Aus dem Jahre 1675 datiert die erste Notiz über
die Romanusquelle, deren Wasser bei schwerem
Fieber getrunlken, von Augenkranken benutzt und
in Flaschen mitgenommen wurde. Auch hier wissen
die Jahresberichte von Heilungen zu erzählen.
Einer Tradition zufolge entsprang diese Quelle unter
dem Hochaltar der 168 8 erbauten Kirche; das
könnte schon möglich sein, da dieses neue Gotteshaus
etwas länger war als das frühere. Die Jesuiten
segneten nun Wasser durch Berühren mit einer
Reliquie des hl. Romanus, die in einem hölzernen
Arme verwahrt wurde. Allein im Jahre 1774 erstellte
man einen- neuen Romanusbrunnen hinter
dem Chor; um dieselbe Zeit (1771) erschien in
Colmar ein Büchlein: «Geistliche Lieder von den
zween heiligen Martyreren und Blutzeugen Christi
Romano und Laurentio als zween sonderbaren Pa-


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