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§ 3. Paläographische Untersuchung.
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die er abgeschrieben haben wollte. Hier ändert er dann das e der Endung
in i, auch wo es nicht am Platz ist (z. B. Nr. 67e). Die Trennung
res-pice korrigiert er selbst in re-spice (fol. 16v 5/6 Nr. 68), bei inhebriati
radiert er das aspirierende h, die harten Buchstabenverbindungen assimiliert
er (um zu mm, nl zu 11). Ebenso scheinen alle oder Avenigstens
die meisten Interpunktionen vom Korrektor zu stammen. Sehr häufig findet
sich vor allem die Rasur eines in drei Zügen geschriebenen Interpunktionszeichens
, das durch „Amen" ersetzt wurde.
Es soll nicht unterlassen werden, auf die Bedeutung der Tatsache
hinzuweisen, daß der Korrektor gerade die benedictiones episcopales
verbesserte und zur Abschrift bestimmte. Es ist das bezeichnend
deshalb, weil diese liturgischen Formularien spezifisch gallikanisch
sind, in den römischen Sakramentarien fehlten und in den übrigen
Hss sehr voneinander abweichen. Den ganzen übrigen Inhalt unserer
Hs hatte man jedenfalls auch schon an dem Ort, wo man sich die
neue brauchbare „Erfindung" des Pontifikale zu nutzen machen wollte;
nur diese benedictiones episcopales brauchte man wahrscheinlich zur
Abschrift.
§ 3. Paläographische Untersuchung.
Gehen wir nach dieser allgemeinen Beschreibung unserer Hs zu
einer spezielleren Untersuchung, zunächst des Alters und der Herkunft
derselben, über. Wir beginnen mit einer paläographischen Würdigung.
Die Schriftart unseres Cod. im allgemeinen ist die karolingi-
sche Minuskel; Überschriften und Rubriken sind in buntem Wechsel
in Unciale oder Capitalis rustica geschrieben1. Die Einzelformen
sind, besonders am Anfang, regelmäßig und gefällig, doch ohne höhere
Entwicklung oder Vollendung. Charakteristisch für die schon bald
nach den ersten Seiten sich bemerkbar machende nachlässigere
Flüchtigkeit ist die Vermehrung alter Buchstabenformen, die uns auffällt
. Wo dagegen der Schreiber sich Mühe gibt, nach den strengen,
neuen Schreibregeln der karolingischen Schule zu schreiben, fließen
diese nicht so zahlreich in seine Feder. Auffallend ist dieser Wechsel
z. B. beim offenen a, das sich zu Beginn der Hs nur ganz ausnahmsweise
, in späteren Teilen, vgl. z. B. fol. 19 ff., fast ebenso häufig wie
das karolingische a findet2.
1 Unciale fol. 1—2, Kapitale 2v— ßv, fol. 7 beide zusammen auf einer Seite,
7v Unciale, 8 Kapitale, 9 Unciale, 10 Kapitale u. s. f.
2 Z. B. steht offenes a in den ersten 12 Folien der Hs nur an 4 Stellen (8 25
10v 20 11V21 12 8), auf fol. 19—22 dagegen nicht weniger als 37 mal.
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