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D. F und D in ihrem gegenseitigen Verhältnis.
entsprang, so ist es doch nicht gerade sehr wahrscheinlich, daß sich
an verschiedenen Orten ohne weiteres ein Buch von solcher Ähnlichkeit
des Gesamtinhaltes und der Anordnung entwickelt hätte.
Gehen wir mehr auf die Einzelheiten über, so finden wir in der
Mehrzahl der Fälle eine große, unleugbare Ähnlichkeit in den Einzelriten
wie in der Textform zwischen unsern beiden Hss. Freilich ist
sehr oft die Ähnlichkeit zwischen dem Mailänder Pontifikale A.1 and D
anscheinend noch größer. Oft macht D den Eindruck, als hätte ihm
F vorgelegen und hätte der Benutzer sich nur bemüht, die schlechte
Textgestalt seiner Vorlage (mit Hilfe anderer Hss) zu verbessern. Daß
dabei auch falsche Verbesserungen unterlaufen wie fol. 23 5 altare in
altari statt altaris, wie es der Zusammenhang erforderte, könnte diese
Annahme nur bestärken. In der Benedictio ad omnia in usum basilicae
(Nr. 96) hat der Schreiber von D das wahrscheinlich mißverstandene
alosis in aliisque umgeändert und demzuliebe alles folgende in den
Ablativ-Plural gesetzt. Der Korrektor hat es dann wieder zurückverbessert
.
Einige kleine Beobachtungen lassen sich besonders für eine engere
Beziehung zwischen beiden Hss geltend machen. Bei der Lektoratsweihe
scheint D die Textform von F mit der von A zu verbinden. Die Oration
Nr. 13 tritt uns in den verschiedenen Hss in sehr wechselnder Textform
entgegen. Der zweite Teil der betreffenden Oration stimmt nur in wenigen
Hss mit F ungefähr überein. Nun hat D offenbar den Text, wie er in der
Freiburger Hs steht, weiter abgeschrieben, als es sonst in den Hss üblich ist,
nämlich bis distinctus atque ornatus inklusive (übereinstimmend mit C,
der Hs von Mainz) und fährt dann ungefähr mit dem Text von A weiter.
Interessant ist, daß der Korrektor den so kompilierten Text wieder
nicht verstanden und eine neue Lesart herzustellen versucht hat. — In
der Oration „Cunctorum ..." der Abtsweihe ist ganz offensichtlich die
Textform von A und F (oder seiner Vorlage) zu einer neuen kombiniert
(Nr. 145). —■ In beiden Hss fehlt z. B. (Nr. 96) temporis, beide haben in
derselben Oration suppremo geschrieben. Bei D m 1 steht (Nr. 120) wie
in F das falsche perfectio statt des nachträglich vom Korrektor in D
gut bemerkten protectio.
Gegenüber diesen doch nur in kleiner Zahl vorhandenen bemerkenswerten
Ähnlichkeiten, die kaum unbedingt eine direkte Ab-
1 Ist unsere Hs in St. Gallen geschrieben, so ist eine öfters sich naheliegende
Beziehung zu Mailand gar nicht von der Hand zu weisen. Denn das so lange Zeit
vergeblich gesuchte „ Sacramentarium triplex" — Cod. C 43 der Züricher Stadtbibliothek
—, das die ambrosianischen Formularien neben die gelasianischen und
gregorianischen stellt, stammt aus St. Gallen, und zAvar wohl noch aus dem 9. Jahrhundert
.
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