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Markgräfler Jahrbuch
4.1962
Seite: 12
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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An einigen Häusle reden die Steine auch noch mehr als nur von Jahreszahlen.
So z. B. am Röthehäusle, das als eines der schönsten unter seinen Geschwistern
anzusprechen ist. Es steht mitten in den Reben, bis zu den Treppenstufen schlagen
die Weinstöcke ihre Wurzeln (siehe Abbildung Seite 11). Wie fast alle Bammert-
häusle auf Müllheimer Gemarkung hat es zwei „Stockwerke". Das untere ist die
eigentliche Residenz des Bammerts, während das obere allgemein zum Unterstehen
dient. Der Bau ist so massiv ausgeführt, daß man beinahe von einem „Unterstand
" sprechen konnte. Bammerts Behausung ist ein quadratischer Raum, in
Bruchstein ausgeführt, überdeckt mit einem Kreuzgewölbe. Das Gewölbe beginnt
unmittelbar am Boden, so daß die Gewölbegrate, die das ganze Gewölbe in vier
Bogendreiecke teilen, in den Ecken des Fußbodens beginnen. Die übrigen Häusle
haben meist nur ein einfaches Tonnengewölbe oder besitzen eine flache Decke.

Aber auch sonst ist das Röthehäusle reicher ausgestattet. An den Türpfosten
des unteren Eingangs lassen unzählige Zeichen und Buchstaben auf eine lange
Zeit schließen, in der das Häusle im Dienst des Weinbaus steht. Meist sind es
Zeichen der Bammerte, die sich hier verewigt haben, denn die Initialen stehen
eingemeißelt in einem ebenfalls eingegrabenen Kreis. Diese Kreise haben aber
einen Radius, der dem Abstand der beiden Zinken einer Bammertgabel entspricht.
So müssen diese Kreise mit der Bammertgabel gezogen worden sein.. Am Vögis-
heimer Häusle im „Krottenstollen" sind ebenfalls diese Kreise an der Türe
festzustellen.

Mit solchen Gabeln sind heute noch teilweise die Bammerte „bewaffnet". An
einem etwa 1,50 Meter langen, harthölzernen Stecken, der zum Stolz des Trägers
oft gedreht ist, sitzt die zweizinkige Gabel. Mit ihr wird der Bammert bei den
Kindern zu einer Respektsperson, mit der man nur ungern etwas zu tun haben
will. Es herrscht im Volksleben der Brauch, wenn die Kinder unartig sind, ihnen
zu drohen: „Paß uff, i hol der Bammert!" Dies zieht besser denn alle guten Worte
oder Schläge der Eltern, denn erstens fürchten sich die Kleinen vor der Gabel
und zweitens haben sie Angst, „in's Hüüsli g'sperrt zu werden".

Aber das ist nicht der eigentliche Zweck der Gabel, sie dient vor allem zur
Verständigung der Bammerte untereinander in Form der Zeichensprache. An einem
Wegkreuzungspunkt z. B., an dem die jeweilige Grenze der Hütebezirke der einzelnen
Bammerte liegt, pflegt der Bammert, der auf seinem Rundgang an einem
solchen Punkte anlangt, für seinen Kameraden einen Kreis mit der Gabel in die
Erde zu zeichnen mit einem Pfeil in der Richtung, nach welcher er weiter gegangen
ist. So wird verhütet, daß beide denselben Weg nehmen. Ferner dient die
Gabel als Waffe gegen die Dachse, die mit Vorliebe ihre Bauten in den Weinbergen
graben, denn frische Trauben im Herbst sind für die Dachsenfamilie
ein Leckerbissen. Zur Nachtzeit rascheln sie in den Rebgassen und schlagen
mit den Pfoten die Trauben herunter. Von einem Licht überrascht, stellen sich
diese „Drübelstehler", so daß sie mit der Gabel erstochen werden können. Ein
erlegter Dachs im Hüüsli bedeutet einen Triumph für den Bammert, alle Welt
bekommt das Tier zu sehen und muß „lüpfe, wie schwer es isch". Auch wird das
Ereignis an der Wand des Häusles vermerkt. Ebenfalls werden die erlegten Füchse
an der Wand „angekreidet" und die Tage des Rebbergschlusses in den einzelnen
Jahren. In dem Rebgebiet des Isteiner Klotzen und der Rheindörfer kann man ab
und zu noch eine köstlich anmutende „Bewaffnung" der Bammerte sehen: auf

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