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Markgräfler Jahrbuch
4.1962
Seite: 72
(PDF, 21 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1962/0073
urkundliche Beweise. Ich habe für mythologische Deutungen wenig übrig, für
keltisch mythologische gar nichts. . . Wer an den Zusammenhang von Belchen mit
dem Vogelnamen glaubt, hat mindestens den Trost, daß dann die Anknüpfung
an lat. fulica-Bläßhuhn und an andere indogermanische Sprachen prachtvoll
stimmt."

Auch Boesch (1906) findet, was Hubschmieds Deutungsversuch angeht, ein
Haar in der Suppe: „Einzig die Erklärung aus belihha „Bläßhuhn" kann sprachlich
befriedigen. Von Belenus führt kein Weg zu dt. Belchen. Hubschmied konstruiert
einfach zu Balla eine Form Balliko(no), um die Vorform für das dt. Wort
zu erhalten. Das ist nicht viel mehr als eine Spielerei. Während nun eine Herleitung
aus dem keltischen Stamm zum deutschen Wort sprachlich unmöglich ist,
ist mindestens eine sachliche Erklärung als Blesse möglich, wenn auch nicht beweisbar
."

Wer hat nun recht: der Germanist oder der Keltist? Beide vermögen nur Konstruktionen
zu liefern, die des schlüssigen Beweises ermangeln. Diesen können
allein Bodenfunde oder schriftliche Urkunden liefern, doch sind deren keine bekannt
. So müssen wir es wohl den Fachleuten überlassen, zu entscheiden, welche
Konstruktion der Wahrheit am nächsten kommt. Ob französische Sprachforscher
weiterhelfen könnten? Da frz. Balon auch weit außerhalb des dt. Sprachgebietes
vorkommt und also nicht bloß ein verwelschtes dt. Belchen sein kann, sollte man
eine Deutung von dt. Belchen nicht wagen, ohne zugleich etwaige Deutungsversuche
von frz. Balon heranzuziehen. Dies ist aber, soweit ich sehe, bisher nicht
geschehen.

Indessen, „scharfsinnige sprachliche Überlegungen reichen oft nicht aus, wenn
die Einsicht in das räumliche Zusammenleben mit andern Namen, in die Vergesellschaftung
der Namenwelt fehlt" (Boesch). Nun, der Schwarzwaldbelchen
ist den wohl unbestritten vordeutschen Orts- und Flurnamen Böllen, Wieden,
Aitern und Neumagen räumlich benachbart. Und wenn schon die Namen der das
Rheintal ähnlich markant überragenden Schwarzwaldberge Blauen und Kandel
keltischen Ursprungs sind, — warum soll es gerade beim Belchen nicht so sein?

Keine Konstruktion sind jedenfalls die topographischen Verhältnisse der drei
Belchen! Wer an ihnen die sprachlichen Konstruktionen prüft, wird eine Erklärung
als „Bleß" sachlich unbefriedigend finden. Und so neige ich persönlich eben doch
dazu, derjenigen etymologischen Konstruktion den Vorrang zu geben, welche der
Topographie am besten entspricht.

So erscheint denn die Deutung der drei Belchen als Sitze und Kultstätten
einer gallischen Gottheit nicht mehr als allzu gewagt. Ist doch das Land
zwischen den drei Gebirgen, der Raum um die Rheinbeuge, altes keltisches Siedlungsgebiet
. Trotz aller Wirren, die der swebische Vorstoß von Nordosten und
der römische Vorstoß von Südwesten über die Landschaft gebracht hat, ist „im
Oberelsaß, im Breisgau und im östlichen Teil des Berner Jura der (helvetisch-)
keltische Stamm der Rauraker bezeugt" (Wais, 1940), so daß die drei Belchen
gewissermaßen die Grenzmarken dieses romanisierten und später im alemannischen
Volkstum aufgefangenen Stammes bezeichnen. (Und eine kulturelle Einheit
ist, wie Hebel bezeugt, dieser „Winkel zwischen dem Fricktal und dem „Sundgau",
die „große Suppenschüssel zwischen dem Vogesus, dem Jura und Schwarzwald",
obwohl in drei Staaten aufgeteilt, noch heute.) — Wir gehen wohl nicht zu weit,

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