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Markgräfler Jahrbuch
4.1962
Seite: 89
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fest, daß das reizende, und garnicht auf den Mund gefallene Mädchen nicht nur
völlig harmlos, sondern auch eine wahre Augenweide, und ein kleiner Schwatz
mit ihr ein Labsal in den monotonen Dienststunden sei. — Sie selbst aber hatte
recht bald begriffen, welche Wirkung ihre Schönheit und Freundlichkeit taten, daß
der Aufmerksamkeit der Beamten manches entging, wenn sie ihre Blicke allzu
eifrig auf ihr Gesicht oder ihren Blusenausschnitt richteten, statt auf ihr Gepäck,
oder sich an ihrem schlagfertigen Mutterwitz ergötzten. — Es ging nicht lange,
so war das harmlose Kind eine gerissene Schmugglerin in kleinen Dingen geworden
; nicht etwa aus Gewinnsucht, lediglich aus Freude am Gelingen. — Sie wußte
ihre kleine Konterbande in allen Winkeln und Falten ihrer Taschen und Kleider
dem „Auge des Gesetzes" zu entziehen, legte Seidenstoff zwischen die Blätter
ihrer großen Bücher und übte mit Erfolg eine Menge derlei Kniffe. — Ich war
damals in politischen Dingen fanatisch rechtgläubig; einmal von der Regierung
erlassene Gesetze und Verordnungen galten mir als Dogma. Aber mein schönes
Bäschen machte sich nur lustig über mich, wenn ich ihr die heftigsten Vorwürfe
machte: „Schmuggeln ist doch keine Sünde! Eine Sünde ist, die Waren so sündenteuer
zu machen, wenn sie einen Katzensprung weiter so billig sind." Wenn ich
glaubte, sie von der Zweckmäßigkeit und dem höheren Sinn des Zollwesens überzeugt
zu haben, so verfiel sie bei der nächsten Gelegenheit doch wieder der Lust,
ihr Glück zu versuchen. —

Eines Tages holte ich sie wieder drüben ab, und sie kam mir mit einer besonders
dicken Tasche entgegen: „Heute habe ich 5 Kilo Kaffee. Das kostet einen
schönen Batzen Zoll. Aber es ist nichts zu machen. Wir werden berappen." —
„Selbstverständlich", bekräftigte ich diesen löblichen Vorsatz. — Am Badischen
Bahnhof fragte der Zöllner, über die ihm bekannte, geschwollene Tasche grinsend
: „Hä, was git's hüt z'verzolle?" — „Fünf Kilo Kaffee", sagte sie wahrheitsgemäß
, aber mit dem spitzbübischsten und kokettesten Lächeln. — „So möcht i
lüege könne", prustete er heraus, und mit der Gebärde eines Mannes, den man
nicht zum besten haben kann, winkte er ab. — Eilend entfernte sie sich, ihre
5 Kilo unterm Arm und den verschämten Ausdruck eines beim Lügen ertappten
Kindes im Gesicht. — „Hohoho, sone chaibe Gitzi will unsereins uf de Arm neh!
Aber derlei Gümp hemmer scho ä bizzi früehner chenne g'lehrt", höhnte er hinter
ihr her und freute sich gleichermaßen seiner Witzigkeit wie ihres Anblickes". —
Die ganze Tafelrunde belachte den Fall, aber der Erzähler fuhr fort: „Mir war
damals durchaus nicht ums Lachen. Vor Verwirrung und Entrüstung entging mir
ganz der Humor des Vorganges, und auf der Heimfahrt prophezeite ich meinem
lieben Cousinchen den schmählichsten Ausgang ihres Lasters. Sie aber genoß ganz
offensichtlich ihren Triumpf, war liebenswürdig und in der charmantesten Laune.
Meine ominöse Prognose hinderte sie keineswegs, auch in der nächsten Zeit die
männlichen Organe der Zollbehörde mit Blicken und keckem Geplauder zu verwirren
. Von dem geschmuggelten Kaffee profitierte sie nicht eine Bohne, da sie
alles an Freunde und Bekannte zollfrei weitergab.

Einige Wochen darauf verabredeten wir eine neue Fahrt nach Basel. „Ich
möchte mir drin einen neuen Hut kaufen. Ganz andere Auswahl als hier", eröffnete
mir mein Schützling. — „Der Zoll ist aber auch besonders hoch auf solche
Dinger", wendete ich ein, „und einen Hut kannst du nicht in die Mappe stecken
wie fünf Kilo Kaffee." — „Denk auch gar nicht daran", trumpfte sie auf. — Beim

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