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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1943/0013
So grüßt dich dein Rebland!

Drunten im Unterland, im Schloßgarten von Karlsruhe, steht ein Denkmal
unseres Johann Peter Hebel. Ein ärmliches und nicht grade imponierend
dreinschauendes Mal. Weder von Bronze noch von Stein ist viel zu sehen.
Lediglich die schlichte Büste des Dichters der alemannischen Gedichte
und des „ Schatzkästlein" schaut von ihrem gußeisernen Sockel über den
von hohen alten Bäumen gesäumten Weg nach dem Schloß hinüber —
und damit zugleich nach dem Oberland.

Als ich zum ersten Mal auf einer der Bänke, die um das Mal gruppiert
sind, saß, wies mir der Hebel seine Kehrseite, und ich kannte ihn nicht.
Erst als ich auf einer der eisernen Seitenplatten die Worte aus dem
„Wächter" las: „Un us dr Heimet chunnt dr Schi", wußte ich, wo ich war
und wen ich vor mir hatte. Ich sah den Lorbeer um seine Schläfen
gelegt, ich sah im Geiste die „Markgräfler Gmai" um die „reinsti Seel ab
eusem beste Bode" versammelt und hörte den Glatte Ernst die Hebelrede
halten. Und dann war ich eben daheim, droben im Oberland, sah im
Geiste die Reben und den Rhein, die Acker und den Wald, die Dörfer mit
den vierschrötigen Kirchtürmen, und ich schaute die Menschen in ihrem
Werken und Wirken das ganze Jahr hindurch.

Noch fast im Winter knacken schon die Rebscheren, Frauen und Maidli
lesen das Holz und wenn's „usebunde" ist, fahrt an einem Abend s'Meiers
Karli mit dem „Choli" den Wellenberg in den Schopf. So fangt das
Rebenjahr von neuem an. Es wird g'schirtelet und g'ruehrt und g'spritzt
und g'schweflet, und wenn's an der Zeit ist, weht der süße Duft der
blühenden Reben durch die Gassen. Uber die Heitersheimer Matten
schwanken die Heuwagen, und bis hinauf zur „Lücke" geht die Mahd auf
den Markgräfler Matten. Auch der Blauen hat schon lange seinen weißen
Winterpelz mit frischem Grün vertauscht, Tag für Tag stieg's an seinen
Hängen über Lipburg und Sehringen, Eggenen und Schloß Bürgeln höher
hinauf. Und die Schneeglatze des Beleben ist auch verschwunden. Wie
schön ist dieses Land in der Frühlings- und Sommerzeit, sagen die Fremden.
Aber wer hier daheim ist, der schaut noch mehr. Er spürt das Rinnen
der in der Tiefe verborgenen Quellen. Um jeden Baum, um jedes Haus,
über jedem Weg liegt eine besondere Luft, wie sie nur an einer Stelle
der Welt zu atmen ist — eben in der Heimat. Nirgendwo spricht der
Fruchtacker so zu dir, wie daheim. Es ist, als habest du ihn selber gepflügt
und eingesät. Nun sind die Ähren voll und schwer. Ein heißer Sommertag
zittert über der warmen Ebene und dem welligen Land vom Rhein bis

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