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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1952-01/0010
scheidene Existenz zu bieten vermochte, bemühte er sich mit Erfolg bei einem
wohlhabenden Gemeindemitglied, auf dessen Hof Hebel fortan ebenfalls zu
unterrichten hatte.

Die Kinderschar im Pfarrhaus vermehrte sich während Hebels Anwesenheit
noch um die am 19. Juni 1781 geborene Maria Barbara Beata, während die
Geburt des letzten Sohnes Gottfried August am 7. August 1783 in eine Zeit
fiel, wo Hanspeter bereits als Präzeptoratsvikar am Pädagogium in Lörrach
wirkte. Die Kinder waren ihrem Mentor sehr zugetan. Nach einem mündlichen
Bericht der bei Hebels Erscheinen zwölfjährigen Elisabeth sei ihnen in seiner
Nähe, bei seinen Worten immer wohl zumute gewesen. Mitunter habe er herzhaft
lachen können, dann sei er wieder ganz still und nachdenklich geworden.
Manchmal habe er seine Zöglinge bei der Hand genommen und ihnen die
Blumen des Gartens erklärt, — ein früher Beleg für des Dichters spätere Neigung
für die Botanik. Auch den Hühnern und Stallhasen wurden häufige Besuche abgestattet
. Immer habe der Hauslehrer viel zu erzählen gehabt, vor allem auf dem
Wiesenweg hinterm Dorfe. Die unmittelbare Berührung mit der Natur lockert
Hebels Zunge, lockt seine Fabulierlust.

Um auf Schlott er beck zurückzukommen, so scheint dieser einer gewissen
Originalität nicht entbehrt zu haben. So mag als Kuriosum angemerkt werden,
daß er seinen sämtlichen Töchtern erster wie zweiter Ehe den Beinamen „Beata"'
zugelegt hat. Er selbst muß allerdings vom Glück dieses Daseins nicht unibedingt
überzeugt gewesen sein, wenn man einen Kirchenbucheintrag beim frühen Tode
eines seiner Kinder als Beweis gelten lassen will. Gibt er doch, im Zuge schmerzlicher
Ironie, ganz ähnlichen Gedanken Raum wie Lessing über dem Grabe
seines einzigen, nur wenige Tage lebenden Sohnes. Dieser pessimistische Hang,
die Klage über die Bitterkeit des irdischen Lebens steht vielleicht mit dem
leidenden Gesundheitszustand des von Asthma und Podagra geplagten Pfarrherrn
in Zusammenhang.

Der Gedanke an seine erschütterte Gesundheit wird Schlotterbeck auch die
Feder geführt haben, als er im Frühjahr 1782 ein Ersuchen an den Oberkirchenrat
in Karlsruhe richtete, seinen Hauslehrer „ordnieren" zu wollen, damit ihn dieser
in der Ausführung der geistlichen Amtspflichten unterstützen könne. Unterdessen
hatte Schlotterbeck geraume Zeit Muße gehabt, zu beobachten, mit welchem
Fleiß sich sein Schützling in unermüdlichem Weiterstudium auf seine kommenden
Pflichten vorbereitete, die Studierlampe oft bis in die frühen Morgenstunden
hinein in seiner Kammer brannte. Er konnte sich demnach mit gutem Gewissen
für Hebel verwenden, der im August 1782 die Zustimmung zur Mithilfe im
Pfarramte erhielt. Diese bestand in der Hauptsache in der Unterstützung
Schlotterbecks bei der Austeilung des Abendmahls, doch hat ihn sein Vorgesetzter
mehrfach die Kanzel in Hertingen und im Filialdorf Tannenkirch besteigen
lassen. Hebels Handschrift begegnen wir neben der Schlotterbeck'schen im Hertinger
Kirchenbuch bei den Einträgen der Abendmahlsteilnehmer am dritten
Adventssonntag und am ersten Weihnachtsfeiertag 1782 sowie am Ostersonntag
1783. In Tannenkirch bestätigen einige Tauf- und Sterbeeinträge Hebels, ihm
von Schlotterbeck zugewiesene seelsorgerische Tätigkeit.

Ende März 1783 erreichte iSchlotterbecks Gehilfen die Ernennung zum
Präzeptoratsvikar in Lörrach; es währte allerdings noch bis 17. Mai, bis der
Berufene in seinem neuen Amte aufziehen konnte. Wir wissen nicht, wie sich
der Abschied von Schlotterbeck und seiner Familie gestaltet hat, allein ein
späterer Stoßseufzer des Dichters ist uns Gewähr, daß dieser den Hertinger
Jahren freundlich besonnte Erinnerungen an eine glückliche Zeit seines Lebens
bewahrte: „O, wie glückselig saß ich einst in Hertingen zwischen dem Milch-

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