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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1952-01/0012
Eckpfeiler des ersten Reiches der Deutschen gewesen. Im Besitze dieses südwestlichen
Eckpfeilers - verknüpfte das Reich die Flußgebiete der vier von der
Schweiz oder ihrem Vorland ausgehenden Ströme: Rhein, Donau, Po und
Rhone zu einer politischen Einheit, deren Staatsgrenze weit im Westen des
deutschen Kultur- und Sprachgebietes auf der Linie Schelde-Miaas-Saöne-
Rihöne verlief. Fest eingebaut in das Gefüge des ersten deutschen Reiches,
von der gewaltigen Lebensfülle dieses politischen Gebildes gespeist, erlebte
das Schweizer Land seine Blüte. Wie in einem Brennspiegel liefen hier die
wichtigen Verkehrsstraßen des Mittelalters zusammen. Aus dem Nordosten
des Reiches und von Osten, die Donau herauf, führten Wege durch die
Schweiz ins Rhönetal nach Süden und bis nach Spanien; andere Wege führten
aus dem Rheinland, von Flandern und *von England nach Italien und
weiter zum Orient. Aus dem in fränkischer Zeit so stillen Schweizer Gebiet
ist im Deutschen Reich ein Durchgangsland von zentraler Bedeutung geworden
. In der im 11. Jahrhundert anhebenden Auseinandersetzung zwischen
Kaiser und Papst, zwischen Mitteleuropa und Italien, gewann das schweizerische
Gebiet zugleich ungeahnte politische Bedeutung. Im ganzen Alpenraum
, vorwiegend auf heutigem Schweizer Boden, strebten die Kaiser nach
Sicherung der Übergänge über die Alpen und damit nach Beherrschung der
Zugänge in die Po-Ebene.

Als am Beginn des 12. Jahrhunderts die Gotthardstraße als kürzester und
damit wertvollster Alpenübergang eröffnet wurde, bangten die Kaiser, es möchten
sich hier fremde, päpstlich gesinnte Gewalten festsetzen. Um solche Gefahr
abzubiegen, gaben sie den Bauerngemeinden in den nördlichen Zugangstälern
Uri und Schwyz Reichsunmittelbarkeit und schufen damit die Grundlage zur
späteren Eidgenossenschaft. In einem von wahrem Gemeinschaftsbewußtsein
erfüllten, also innerlich geschlossenen Volkskörper und in einem politisch tatkräftig
geführten, mithin auch nach außen hin starken Reich hätte diese Reichsunmittelbarkeit
nichts Besonderes zu bedeuten gehabt. Weil aber die Kaisergewalt
zerfiel und das Gemeinschaftsbewußtsein des deutschen Volkes schwächer
wurde, konnte es geschehen, daß aus der Reichsunmittelbarkeit schließlich ein
eigenwilliges politisches Gefüge, die Eidgenossenschaft, entstand. Sie ging aus
der Abwehr gegen die unheilvolle Hausmachtpolitik der deutschen Kaiser aus
dem Hause Habsburg hervor. Weil sie nicht im habsburgischen Eigenland aufgehen
wollten, weil sie, die treue Glieder des Reiches waren, reichsunmittelbar
bleiben und nicht habsburgisch werden wollten, wurden die Schweizer Alpenbauern
von ihren eigenen Kaisern bekämpft, mußten sie ihre oft bestätigten
Rechte gegen das habsburgische Kaiserhaus mit der Waffe verteidigen. Die
Habsburger trifft in diesen unseligen Kämpfen einer Zeit, die allerdings das
nationale Zusammengehörigkeitsgefühl kaum kennt, die Schuld, um dynastischer
Ziele willen, aus Machtehrgeiz, sogar zum Teil im Einverständnis mit dem
feindlichen Ausland bei den Schweizer Bauern und Städten eine ständig wachsende
Empörung und Entfremdung erzeugt zu haben, die sich schließlich vom
Kaiserhaus auf das Reich selbst übertrug und zur endgültigen Trennung führte.
So löste sich das deutsche Volkstum der Eidgenossenschaft aus freiem Willen
vom Reiche, da die auf eigene Macht bedachte Politik der Kaiser aus dem Hause
Habsburg in diesem Teil Deutschlands die Reichsfreudigkeit ertötete. Die heutige
deutsch-schweizerische Grenze am Bodensee und Hochrhein ist also die
Folge dieses jahrhundertelangen Kampfes eines ehrgeizigen Herrscherhauses
deutscher Kaiser mit dem trotzigen, freiheitliebenden deutschen Alpenvolk, das
schließlich 1648 aus der Gemeinsamkeit der deutschen Reichsfamilie scheidet
und seine eigenen politischen Wege geht.

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