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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1952-01/0014
Darin liegt die Tragik der deutsch-schweizerischen Grenze, daß sie, aus
völkischem Unverständnis und egoistischer Machtpolitik entstanden, den Riß
zieht mitten durch gemeinsames Stammesgebiet in einer geographisch einheitlichen
Landschft. Durch engste politische und wirtschaftliche Beziehungen war
im Mittelalter das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Gauen alemannischen
Blutes diesseits und jenseits des Hochrheins im Herzogtum Schwaben
und in Burgund, vom Sund- und Breisgau hinüber zum Aargau, Zürichgau und
Thurgau hin verstärkt worden. Zähringer wie staufischer Besitz hatten einst
die Länder, Burgen und Städte nördlich wie südlich der Hochrheinstrecke von
Konstanz bis Basel umspannt, wie ja auch die kirchliche Einteilung und Verwaltung
über sie hinausgriff. Im Schutze des Deutschen Reiches konnte Basel
einst von seiner Lage an der großen Nord-Südstraße zwischen Nordsee und
Mittelmeer im Land- und Flußverkehr vollen Gebrauch machen und sich vor
der Burgundischen Pforte als wichtiger europäischer Stapelplatz entwickeln,
während andererseits Konstanz ein Vorhof des Reiches wurde für den von
Süden uBer den Splügen aus Italien flutenden Verkehr und umgekehrt ein
Sammelplatz des deutschen Handels nach der Lombardei. Hier in Konstanz
trafen sich seit jeher die Handelsstraßen aus allen Richtungen, von Schwaben,
vom Oberrhein und von Burgund. Zahlreiche Brücken am ganzen Hochrhein
dienten dem Verkehr von Ufer zu Ufer, häufig fand ein Austausch der beiderseitigen
Uferbewohner statt, die ihren Arbeitsplatz über den Rhein verlegten.
Weder in geographischer noch in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht kommt
ja von Natur aus dem Laufe des Hochrheins, der — wie der Oberrhein — völlig
einheitliche Landschaften durchfließt, die Rolle eines Grenzflusses zu. Als 1548
Konstanz unter österreichische Herrschaft gekommen war, wanderten zahlreiche
protestantische Gewerbetreibende nach der Schweiz aus und verlegten dorthin
ihre Fabriken. Nördlich des Rheines hatten die Bauernkriege und die Pest schon
vor dem 30-jährigen Krieg tiefe Lücken in die seßhafte Landbevölkerung gerissen
, so daß die Fürsten im Schwarzwald und am Oberrhein alles Interesse
daran hatten, durch Zuwanderung das Land wieder zu bevölkern. In den 13
Vogteien der Herrschaft Badenweiler zählte man z. B. vor dem 30-jährigen
Krieg 1362 Einwohner, nach dem Krieg waren es noch 695. Nun wanderten
zahlreiche Bauern aus der Schweiz in die menschenarmen Gegenden Südh
deutschlands über den Rhein. Die Kantone Bern, Basel, Zürich und Schaf f-
hausen stellten dabei das größte Kontingent der Schweizer Auswanderer. Allein
im Jahre 1661 zogen so 4400 Personen aus dem Kanton Zürich in das Mark-
gräflerland. Es waren Bauern, Knechte, Taglöhiier. Andere aber kamen als
Stricker, Spinnerinnen, Weber, Zeinenmacher, Schmiede, Glasträger, Druckei
und Färber.

Während die Wirtschaft der zum Reich gehörenden Länder nördlich des
Rheines durch immerwährende Kriegswirren im 16. und 17. Jahrhundert erlahmte
, wurde die Schweiz in dieser Zeit industrielles und kapitalistisches
Frühland und beeinflußte in starkem Maße, besonders von den Städten Basel
und Zürich aus, unsern südlichen Schwarzwald. Die Textilindustrie fand über
den Rhein her ihren Eingang in unser Land. Im 17. Jahrhundert kamen Züricher
Herren regelmäßig allmonatlich nach Todtnau im Wiesental, brachten
Rohbaumwolle und ließen sie dort von Hand spinnen. Im 18. Jahrhundert
wurde Waldshut die Zentrale für die Organisation der damaligen, von Schweizer
Geschäftsleuten eingerichteten Heimindustrie, die sich von hier aus auf den
ganzen Hotzenwald ausbreitete. Durch markgräfliches Patent wurden im Jahre
1752 Schweizer Unternehmer zur Gründung von Textilmanufakturen in Lörrach
und dem Wiesental aufgefordert, wobei ihnen landesfürstlicher Schutz und

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