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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1953-01/0015
Eine neue Errungenschaft der Technik ist das Luftgewehr, das sich öfters
in den Händen Jugendlicher befindet. Die Besitzer sagen: „Wir schießen
nur auf Scheiben und auf Spatzen." Das wäre ja schön und gut, aber könnte
man im Jagdeifer nicht auch einen Grünfink oder ein Finkenweibchen treffen
? — Vor wenigen Monaten las man eine Notiz in der Presse; Überschrift:
„Ein Rohling." Man fand bei diesem Schießer, frisch geschossen mit dem
Luftgewehr, einen Neuntöter, mehrere Amseln, mehrere Meisen und Buchfinken
, einen Star und einen Rotschwanz. Der Täter war allerdings kein
deutscher Junge — sondern ein Angehöriger der Besatzungsarmee.

Die Verluste, die unsere Vogelwelt dauernd erleidet, werden nicht im
Entferntesten wett gemacht durch Zuwanderung von Arten aus dem Süden
und Osten. Ein solcher Wanderer, allerdings schon über 200 Jahre hier beheimatet
, ist der Hausrotschwanz, unser Frühaufsteher. Schon in der Dämmerung
läßt er sein bescheidenes Liedchen vom Dachfirst herab erklingen;
seine Urheimat sind die Felsgebirge Spaniens und Italiens. Unsere Steinhäuser
nimmt er als Felsersatz. — Neueren Datums ist die Einwanderung des
Girlitz, eines kleinen, gelben Finkchens, der sein klirrendes Lied schon Ende
März und dann fleißig bis in den Hochsommer hinein ertönen läßt. Das hübsche
, vielerorts noch unbekannte Vögelchen dürfte die Ostsee noch nicht erreicht
haben. Durch die burgundische Pforte ist auch der Zippammer in unsere
Weinberge (Isteiner Klotz) gekommen. Ein Südländer ist ferner der
niedliche Sperlingskauz, der im Jahre 1950 Badenweilers Gärten mit seinem
etwas weinerlichen Ruf erfüllte. Einbürgerungsversuche anderer südlicher
Vogelarten sind gescheitert — am Unverstand der Menschen.

Die weiten Steppenlandschaften und eintönigen Getreideflächen Rußlands
haben uns auch Vögel geschickt; typisch ist hier die Haubenlerche. Sie
bewohnt offenes Gelände, Bahnhöfe, Ladeplätze und die Ränder der Landstraßen
. Sie trippelt am Boden rasch dahin, ihr Gesang ist angenehm; bei
uns ist sie Standvogel. Auch der Grauammer ist ein Vogel der Kulturebenen,
er läßt von Bäumen und Telegraphendrähten herab sein einförmiges, klirrendes
Lied ertönen, das Nest steht gut versteckt im Gras oder Gestrüpp.
Wahrscheinlich gehören auch Rebhuhn und Wachtel in die Reihe der „östlichen
" Vögel! Neue Invasionen des Steppenhuhns, der Groß- und Zwergtrappe
sowie der Kolbenente sind für unsere Landschaft bedeutungslos.

Wir müssen uns es leider versagen, die bunte Schar der Wasservögel zu
beschreiben, die sich in den Wintermonaten an unseren Seen und Flüssen
durch Zuzug aus dem Norden vervielfacht. — Von den Raubvögeln wäre zu
sagen, daß sie selten werden; am häufigsten ist noch der Mäusebussard.
Seine Hauptnahrung sind Mäuse, und wenn er einmal einen Junghasen
schlägt, so dünkt uns das ein erträglicher Schaden, besonders da es sich bei
dieser Art von Beute oft um kränkliche Tiere handelt. Sehr bedauerlich ist,
daß der stolze Habicht fast ausgestorben ist, denn er hielt die Krähen und
Elstern trefflich im Schach und war daher ein Förderer der Singvögel. Der
Wanderfalk, „die vollendetste Vogelgestalt unserer Fauna" nistete vor 25
Jahren noch am Hochblauen. Vermutlich hat er irgendwo eine Taube geschlagen
und drum wurde sein Gelege zerstört. Das Paar kam nicht wieder.

Wir könnten solche Beispiele dutzendweise nennen; immer wieder zeigt
es sich, daß das Gleichgewicht in der Natur gröblich gestört ist. Aber wir
können mit liebevollem Verständnis viel wieder gut machen; die Naturschutzbewegung
erfaßt immer weitere Kreise. Möge hauptsächlich die Jugend
erkennen lernen, daß die Natur unversiegbare Freuden bieten kann
und gern bietet, dem, der sie sucht.

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