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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-01/0004
Ausraubung beider Parteien ausgesetzt gewesen. Was an Einwohnern die böse
Zeit überdauert hatte, war an den Bettelstab gebracht worden. Das Land lag
wüste.2) Schwert, Pest und Hunger hatten ihre Arbeit gründlich getan.

Am schlimmsten mitgenommen waren die Gemeinden, die den immer wieder
umkämpften Brückenköpfen von Neuenburg am Rhein und Breisach benachbart
waren, so die Orte am Tuniberg — Opfingen, Thiengen, Haslach, Wolfenweiler
, Schallstadt und Mengen — und die Vogteien nördlich und südlich von
Müllheim, also Gallenweiler, Laufen, Britzingen, Seefelden, Buggingen, Hügelheim
, Badenweiler, Müllheim, Auggen, Feldberg, Ober- und Niedereggenen,
Hertingen, Tannenkirch. Dagegen waren die Gemeinden unmittelbar am Rhein
südlich von Kleinkems und von da herüber ins Kandertal verhältnismäßig am
besten weggekommen.3)

Selbstverständlich hatte der große Krieg auch im Bevölkerungsstand seine
Spuren hinterlassen. Mancher abgedankte Soldat hatte sich seßhaft gemacht. So
sind beispielsweise die Hertlin in Blansingen die Nachkommen eines aus dem
Ansbachischen gebürtigen Soldaten, der nach 21 Kriegsjahren 1652 nach Blansingen
kam, dort das Amt des Schulmeisters antrat, heiratete, taufte und endlich
im Jahre 1667 im Alter von 55 Jahren der Welt Valet sagte. Auf ähnliche
Weise war der weimarische Leutnant Pankratz Schütz 1650 in Thiengen hängen
geblieben, wo er als Wirt auftrat und nach 35jähriger Tätigkeit dahinschied,
desgleichen sein Standesgenosse, der Leutnant Martin Frosch von Neuenburg,
der von Blankenburg in Thüringen stammte und 1664 als Stubenwirt in Auggen
verstarb.4)

Solcher Zuzug bedeutete aber angesichts des mächtigen Aderlasses gar wenig.
Die Hilfe kam vielmehr aus einer stammesgleichen Gegend
, nämlich aus der Schweiz, und hier vor allem aus den alten
Herrschaften Bern und Basel. Wie aber ging das zu?

Während des großen Krieges waren manche Familien und Einzelpersonen
ins Bas-el- und Bernbiet geflohen, waren also nicht in der äußersten Randzone
des rettenden Landes sitzen geblieben. Die herangewachsenen Söhne und Töchter
suchten sich ihre Lebensgefährten vielfach in Schweizer Geschlechtern, desgleichen
auch mancher Witwer und manche Witwe. Als der Friede im Jahre
1648 geschlossen war, zogen die Flüchtlinge wieder hinab in die alte Heimat,
sahen die Greuel der Verwüstung und erkannten, daß das Land zunächst der
Menschen bedurfte, um wieder in die Höhe zu kommen. Sie riefen also ihre
Verwandten und Freunde aus der Schweiz herbei, und so strömte bald in ganzen

2) Beispiele: Schopf heim zählte eine ganze Reihe von Brandstätten. Der ganze
Grundriß der Stadt geriet in Unordnung. — Bürchau hatte nur noch 3 Häuser. —
Gallenweiler stand völlig menschenleer und zählte nur noch 2 Häuser und eine Scheune,
die Felder waren verwachsen. — In den 13 Vogteien der Herrschaft Badenweiler waren
elf Jahre nach dem Krieg erst wieder 238 Pflüge vorhanden, wo vor dem Krieg
476 Pflüge ins Feld gegangen waren. — In der Markgrafschaft Höchberg (um Emmendingen
) war nicht mehr ein einziges Bauernhaus völlig erhalten; 77 Prozent der Einwohner
waren gestorben oder landräumig geworden.

3) Deren Kirchenbücher blieben auch fast alle erhalten, weil sie immer noch rechtzeitig
gerettet werden konnten; sie gehen zum Teil bis 1574 zurück. Die der anderen
Pfarrorte gerieten in Verlust und konnten nicht mehr völlig ergänzt werden. Sie nehmen
bestenfalls ihren Anfang in der Zeit der Franzosenkriege und des Untergangs der drei
Bergschlösser Rötteln, Sausenburg und Badenweiler (1678).

*) Quellen hierfür und für alles Folgende sind stets die Kirchenbücher der betreffenden
Pfarreien. — Auch das Geschlecht des Rheinkorrektors Johann Gottfried
Tulla kam auf diese Weise aus dem Niederländischen nach Oberdeutschland und dann
nach Baden und ins Markgräflerland.

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