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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-01/0007
Huldigungseid und Waffentragen wandten; zur Kirche, weil sie den Predigerstand
verneinten und die Kindertaufe bekämpften. Sie gingen in ihren Forderungen
zurück auf das Urchristentum, und aus dem unerbittlichen Ernste heraus
, mit dem diese Forderungen als Richtschnur aufgestellt wurden, ist es wohl
zu begreifen, daß das Täufertum sich auszeichnete durch ein überaus kraftvolles
Familien- und Gemeinschaftsleben, durch Sittenreinheit, Fleiß, Sparsamkeit,
Tüchtigkeit in ihrem friedlichen Berufe der Landwirtschaft, durch unbedingte
Ehrlichkeit in Handel und Wandel, auch in der Entrichtung der Steuern und
Abgaben. Tüchtigere Kulturpioniere als die Täufer konnte sich kein Staat wünschen
. Nur versagten sich solche Untertanen seinen militärischen Forderungen,
legten auch in ihrem Kreisen den unerbittlichen Maßstab der christlichen Obrigkeit
an ihn an und hielten sich so innerlich frei dem absolutistisch werdenden
Staate gegenüber, jederzeit bereit und willig, den Wanderstab weiterzusetzen
und sich lieber in ferner Fremde und Wildnis in ihrem Glaubensleben ungehindert
zu bewegen, als ihre Glaubenswelt, die ins tätige Leben drängte, gegen
ein bequemes Dasein zu verleugnen. Daher auch die Bereitwilligkeit zur Auswanderung
, auch nach Amerika, mitten heraus aus dem Frieden ihres Besitzes
, ihrer Ueberzeugung alles opfernd, was sonst den Menschen an die ererbte
Heimat zu binden pflegt. In katholischen und evangelischen Staaten wurden
die Täufer mit der Todesstrafe bedroht. Aber Todesstrafe und Verbannung
nützten nichts oder nicht viel.

So zählte man im Kanton Bern zu Anfang des 18. Jahrhunderts immerhin
noch zwischen 500 und 1000 Täufer, vor allem im Emmental und im Oberland,
während Zürich sie völlig unterdrückt, Basel und Schaffhausen, sie sich bis auf
geringe Reste vom Halse geschafft hatten.9) Nach 1695 wies Bern seine Täufer
binnen Monatsfrist aus, erlaubte ihnen aber die Mitnahme ihrer Habe. Zu
Hunderten wurden sie nach 1710 zwangsweise abgeschoben, viele davon wandten
sich zu Schiff nach der Pfalz, nach Holland und Amerika. Den Zurückkehrenden
drohte die Galeerenstrafe oder der Kerker, ihren Kindern der Entzug
des Erbrechts^ den Toten verweigerte man das Grab auf dem Gottesacker.

Am Ende des 17. Jahrhunderts erfolgte eine Spaltung der Täufer in zwei
Gruppen, in eine um Jakob Ammann, die auf Verschärfung der Kirchenzucht
und der Absonderung von der Welt sowie auf größere Strenge in der
Kleidung ausging, die auch die Ausübung der Fußwaschung vor den Empfang
des Abendmahls setzte. Sie hatte ihre Anhänger vor allem im Oberland. Die
andere Richtung schloß sich an Hans Reist an. Sie war mehr für Milde
und Liebe und zählte ihre Anhänger vor allem im Emmental. Eine Aussöhnung,
die um 1700 versucht wurde, schlug fehl. Unter dem Druck der Regierung verließen
um 1711 die Ammannischen ihre Heimat und begaben sich nach Holland,
während die Reist'schen zunächst noch sitzen blieben. Neben Holland, wo sie
sich ihre Sprache in stattlichen Gemeinden lange erhielten, kamen auch Preußen
, besonders aber auch das Elsaß und die Pfalz in Betracht, dann seit
1714 hauptsächlich Pennsylvanien. Auch das seit 1707 preußisch gewordene
Neuenburg am See nahm solche Täufer auf, trotz der Anfeindung
durch die ansässige Bauernbevölkerung. Sogar der Bischof von Basel gestattete
den Zuzug von Täufern in sein Münstertal und das Erguel aus reinem
Gegensatz zu Bern, dann aber auch, weil man die Täufer als Pächter gerne willkommen
hieß. Reste haben sich dort und in der Westschweiz bis heute erhalten,
ebenso auch im Elsaß und in der Pfalz.

9) Fridlin Hersperger, der Wiedertäufer von Dürnen, von Basel ausgewiesen.
St. A. Basel, Missiven. 1678. Juni 29.

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