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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-01/0009
etliche Württemberger und Elsässer, auch Holländer, Schotten und Balten.
Führend sind aber immer B e r n e r und B a s 1 e r und zwar so, daß mit zunehmender
Entfernung von der südlichen Rheinlinie die Basler ab- und die
Berner zunehmen.

Welchen Berufen gehörten sie an? Die große Masse sind Bauern, Knechte,
Mägde, Taglöhner und Hirten. Daher finden wir wenig Zuzüger in den
Fischerdörfern am Rhein, z. B. in Kirchen oder Efringen, noch weniger in Klein-
kems. Sonst werden die Dörfer geradezu überzogen bis in die hintersten Waldorte
des Kander- und kleinen Wiesentals, wo die Einwanderer etwas später
als in den Dörfern des offenen Landes erscheinen und zumeist als Holzhauer
und Köhler auftreten. Andere kommen herein als Stricker, Spinnerinnen und
Weber, als Zeinenmacher, Zimmerleute und Schreiner, als Maurer und Ziegler,
als Schmiede und Spengler, als Müller und Siebmacher, als Schneider und
Näherinnen, als Papierer und Glasträger, als Drucker und Färber. Die Hirten
jener Zeit sind fast durchweg Schweizer, und auch die Müller nehmen einen
hohen Prozentsatz von Einwanderern auf. Bei diesem Schwall des Zuzugs ist
es sehr wahrscheinlich, daß auch die Volkskunst nicht unbeeinflußt blieb. Auffällig
ist die große Ähnlichkeit der Ziermuster an den Lauben unserer alten
Bauernhäuser mit denen der Bauernhäuser im Mittelland des Bernbiets, eine
Erscheinung, wie sie auch aus der Herrschaft Hochberg (Bischoffingen am
Kaiserstuhl) bestätigt wird.

Es ist wohl begreiflich, daß sich — wie immer in solchen Zeiten — auch
allerhand minder tüchtiges Volk in den großen Zuwandererstrom mischte. Es
sind Almosenempfänger, Bettler und fahrende Leute. Die wiederholten Einfälle
der Franzosen, wie sie von 1672 an einsetzten, die das Markgraflerland
schrecklich mitnahmen, das seit 1648 notdürftig und mühsam Errichtete wieder
völlig verwüsteten, die gesamte Einwohnerschaft in die Flucht jagten und das
Land bis auf das Nichts aussogen, ließen manchen Einheimischen zum Bettler
herabsinken, mehr und schneller aber noch die Eingewanderten, die bei den
elenden Bewohnern weder Arbeit noch Brot finden konnten, aber auf Unterschlupf
in der Scheune rechnen durften. Scharenweise zogen sie damals dem
Almosen nach, taglöhnten, wo sie Arbeit fanden, auch in katholischen Orten,
überlebten das größte Elend und retteten sich in eine bessere Zeit hinüber —
oder sie siechten dahin und starben in Scheunen, an Straßen und auf freiem
Felde oder wurden sterbend auf dem „Bettelkarren" gebracht, oft nicht mehr
imstande, Name und Heimatort anzugeben, ihre Kinder dem Erbarmen fremder
Mitmenschen überlassend, die sich ihrer auch immer annahmen, eingedenk des
steten Wechsels menschlichen Schicksals in Zeiten des Krieges, der Seuchen und
der Teuerung. Den Hunger trugen sie gemeinsam — auch zuweilen das
Verhungern.

In welchen Formen vollzog sich das Seßhaftwerden?

Diejenigen, die während der Kriegsunruhen von flüchtigen Markgräflern in
der Schweiz selbst geheiratet wurden, betraten den Boden unserer Heimat
bereits als Teilhaber von Hab und Gut (wenn es nicht verbrannt worden war),
mindestens aber von Grund und Boden. Sie blieben und waren ohne weiteres
seßhaft. Wurde die Ehe durch Tod oder durch Verlassen gelöst, so wurde in
jenen Zeiten meist bald wieder eine neue Ehe vom verwitweten Teil geschlossen.
Das gilt für beide Geschlechter. Sehr oft wurden dabei wieder Landsleut-
geheiratet. Die schweizerische Witwe des verstorbenen Markgräfler Bauern
nahm vielfach den Schweizer Knecht, der aus der Schweiz stammende Bauer
i\s Witwer die eidgenössische Magd, die Witwe des toten Handwerkers den
Schweizer Handwerksgesellen, der dem Beruf ihres vormaligen Mannes zu-

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