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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-01/0075
können. Es war ihm klar, daß er das Vertrauen erreichte durch rückhaltlose
Gewährung verfassungsmäßiger Freiheit und so das Volk in weitestem Umfange
zur Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten heranziehe. Sein
Regierungsprogramm faßte er 1860 in die Worte „Ich konnte nicht finden,
daß ein feindlicher Gegensatz sei zwischen Fürstenrecht und Volksrecht. Ich
wollte nicht trennen, was zusammengehört und sich wechselseitig ergänzt, Fürst
und Volk, unauflöslich vereint unter dem gemeinsamen schützenden Banner
einer in Wort und Tat geheiligten Verfassung." 1854 wurde das Konkordat abgeschlossen
„daß Eintracht und Duldung herrsche, wie sie die christliche Liebe
uns alle lehrt." Die badische Kreisordnung und die Gerichtsverfassung waren
vorbildlich für andere Staaten, der deutschen Sozialgesetzgebimg wurde vorgearbeitet
, der Verkehr wurde durch den Bau von Eisenbahnlinien erleichtert,
deren Länge innert 50 Jahren von 280 km auf 1 500 km anwuchs; der Aufwand
für Volksschulen wurde im gleichen Zeitraum um das 16fache gesteigert.
Neben den 3 in der Welt berühmten Hochschulen erwuchsen trefflich ausgestattete
Institute für alle Zweige des gewerblichen und künstlerischen
Schaffens.

Sein klarer Blick ließ ihn auch in der Einheitsfrage den richtigen Weg
finden. „In der Einigkeit Deutschlands liegt auch dessen Unabhängigkeit und
Kraft." Uber 1866 hinweg arbeitete er der nationalen Einigung unausgesetzt
entgegen. Mit Recht brachte er am 18. 1. 1871 in Versailles das erste „Hoch"
auf den deutschen Kaiser aus. Er war in Wahrheit „der gute Genius Deutschlands
."

1856 hatte er Luise, die Tochter König Wilhelms von Preußen, als Gattin
heimgeführt. Sie wurde ihm als Großherzogin eine rechte Landesmutter. Was
sie auf ihrem Feld für Kinderschulen, Krankenhäuser, Mädchenbildung, Nähschulen
, durch ihren „Vaterländischen Frauenverein" getan hat, ist ihr unvergessen
. Ihr Name gehört der Geschichte an.

Beide Gatten waren in einem festen Gottvertrauen miteinander verbunden.
Das neue Testament, das Gesangbuch und das Losungsbüchlein der Brüdergemeinde
gingen auch auf den Reisen mit. Nie versäumte er den Gottesdienst.
Trübe Tage blieben ihnen nicht erspart. Vor allem war es das Jahr 1888, wo
der Sohn, dann Luises Vater und zuletzt ihr Bruder dahinsanken. Da flössen
der hohen Frau ungezählte Tränen in der Stille, so daß ihre Augen Schaden
nahmen. Zuletzt war sie nahezu blind.

Unter Friedrich I. wurde Baden zum vielgerühmten „Musterländle". Er
hatte immer auf Ausgleich und Verständigung hingewirkt, alles auf nationalem
Grunde. Noch zuletzt warnte er vor Selbstsucht, Kleinmut und Parteigeist.
Klar war ihm auch, daß in Fragen der Bildung der Nation die partikularistisch-
dynastische Sonderpolitik ausgespielt habe. Aus diesem Grunde lehnte er auch
die Angliederung des Elsaß an Baden unter der Königskrone ab, wandte sich
aber auch gegen den preußischen Sondergeist, wie er in den stolzen Traditionen
der Armee lebte.

Seine Pflichttreue war sprichwörtlich: früh 5 Uhr heraus und nüchtern an
die Arbeit — nach dem Morgenbrot XA Stunde vereint mit der Großherzogin
allein, mit Bibellesung und gemeinsamem Gebet — Spaziergang dazwischen
— wieder Arbeit meist bis Mitternacht. Das Hebeische Wort vom „Chrüzweg"
kannte er nicht nur, sondern lebte auch danach. Nach der Kunst und nicht
nach der Gunst berief er auch seine Minister. Und wenn der Staatsminister
v. Bodmann im Landtag es ausspricht, daß er die Mitarbeit der Sozialdemokratie
nicht missen möchte, so beweist dieses schöne Wort den Geist, der die
Regierung beseelte.

Sein Sohn Friedrich II. besuchte mit 12 andern Schülern eine besondere
Schule. Am Tag seines Abiturs 1875 wurde er als Leutnant in das badische
Leibgrenadierregiment eingeführt. Danach widmete er sich rechts- und staatswissenschaftlichen
, volkswirtschaftlichen und geschichtlichen Studien an den
Universitäten Heidelberg, Leipzig und Freiburg. Seine militärische Ausbildung

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