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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0041
3. Das Dorf in seiner wirtschaftlichen
und sozialen Verfassung1)

Der Grund und Boden, der zu einer Gemeinde gehörte, bildete deren
Gemarkung. Diese wurde als Gemeindebann2) bezeichnet. Das unmittelbar
um das Dorf liegende Gelände wurde E 11 e r 3) genannt. Dieser war gegen
den Bann abgegrenzt durch einen geflochtenen Weidenzaun mit Toren oder
zumindest durch Steine. Der Etterzaun durfte bei Strafe nicht überstiegen
werden. Das Gebiet innerhalb des Etters und die sogenannten Bünden4)
waren nicht dem Flurzwang unterworfen und dienten dem Anbau von Blumen,
Küchenkräutern („Krautgärtlein"), Gemüse — wozu auch Erbsen, Bohnen,
Einsen und Wicken gerechnet wurden — Kraut, Kohl, Rüben, Nüssen und
Obst, sowie von Flachs und Hanf („Hanfbünde"). Von den Früchten, die
innerhalb des Etters gezogen wurden, und von den Bienenstöcken wurde
mancherorts ein besonderer Zehnt, der sogenannte Etterzehnt, erhoben.

Außerhalb des Etters herrschte Flurzwang. Die Flurverfassung im 16. und
17. Jahrhundert war praktisch noch dieselbe wie im Mittelalter; die Anteile
der einzelnen Bauerngüter lagen in Stücke zerteilt in Gemengelage in den
Zeigen5). Die Zustände im Oberland waren ganz ähnlich denen der in der
Ebene liegenden angrenzenden Gebiete0). Die herrschende Bewirtschaftungsform
war — wie schon seit der Karolingerzeit — die Dreifelderwirt-
s c h a f t ; diese bestand bis ins 19. Jahrhundert, und Spuren davon sind auch
heute noch wahrzunehmen, z. B. in Egringen. Relikte der alten Zwei-
felderwirt schaft7), wie sie im Unterland noch im 18. Jahrhundert
zu finden gewesen sein sollen8), sind im Oberland schon im 16. Jahrhundert
nicht mehr vorhanden.

Ein Bauer mußte nun in jeder der drei Zeigen Güter haben, sonst hätte
er nicht jedes Jahr Brotgetreide und Futter gehabt. Je eines der Felder war
im allgemeinen mit Winterfrucht (Dinkel, evtl. Roggen), eines mit Sommerfrucht
(hauptsächlich Hafer) angebaut; die Brache ließ man mit Gras bewachsen
, um zusätzliches Weideland zu gewinnen.

Die bäuerlichen Betriebe waren in der Regel Familienbetriebe; bei größerem
Besitz wurde noch die Hilfe von Tagelöhnern während der Frühjahrsbestellung
und der Erntezeit in Anspruch genommen. Der bäuerliche Besitz war nirgends
übermäßig groß. Ursprünglich größere Komplexe, z. B. Dinghöfc, waren durchweg
in kleinere Bauernstellen aufgeteilt.

In den Gemeinden im Oberland gab es zwei Klassen von Einwohnern,
deren Rechtsstellung unterschiedlich war. Bürger sind vollberechtigte Gemeindemitglieder
, die Ämter bekleiden und in den Genuß der Allmende und
sonstigen Gemeindevermögens kommen können; Liegenschaften käuflich zu
erwerben ist nur ihnen gestattet. Andererseits müssen sie auch alle Beschwerden
tragen, vor allem Frondienste leisten und die Schätzung0) entrichten. —
Hintersassen müssen ein Schutzgeld zahlen für die Aufenthaltsgenehmigung
, die im übrigen jederzeit aufkündbar ist. Da sie keinen Grundbesitz
haben dürfen, sind sie meist Pächter, Tagelöhner oder auch Handwerker10).
Sie sind häufig in anderen Dörfern verbürgert und keineswegs etwa notwendig
unvermögend. Überhaupt begründet die Ungleichheit des Besitzes in unserem
Gebiet nirgends verschiedene Bauernklassen11). Bei der Annahme als Bürger
müssen Gemeinde wie Staat ihre Zustimmung geben. Voraussetzung dafür ist
der Nachweis eines bestimmten Vermögens. Für die Aufnahme als Bürger einer
Gemeinde ist eine bestimmte — nach Ort und Zeit sehr verschiedene — Gebühr
zu zahlen und der Gemeinde ein Feuereimer zu stiften12).

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