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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0043
Die Vögte müssen alle vierzehn Tage in den Dörfern Gericht halten;
Nichterfüllung dieser Vorschrift wird mit 10 Pfund Strafe bedroht22). Rechtsuche
ist nur bei diesem sogenannten „Wochengericht"23) gestattet; von dort
ist die Appellation an das „Kapfgericht"24) möglich25). — Das Dorfgericht
setzte sich aus dem Vorsitzenden, dem sog. Stabhalter, und 6—10 Geschworenen
als Beisitzern zusammen. Seine Aufgabe bestand in Rechtsprechung, freiwilliger
Gerichtsbarkeit und Bestellung der niederen Gemeindebediensteten —
Hirten, Bannwarte26), Sigrist — es hatte ferner jährlich die Häuser und Ställe
im Dorf zu besichtigen und die Besitzer zu ermahnen, sie in gutem Bau und
Stand zu halten23).

Die Gemeindebürger hatten Nutzungsrecht an der Allmende. Deren
Bewirtschaftung und Nutzungsregelung war eine wichtige Aufgabe der Dorfgemeinde
. Fast alle Dörfer besaßen eine Allmende; die Nutzung war besonders
für die Kleinbauern ein äußerst wichtiges Recht. Die Veräußerung von Gemeindegütern
wurde 1705 durch markgräfliche Verordnung verboten27). Aus
den fehlenden Verkaufsurkunden kann man jedoch den Schluß ziehen, daß
auch schon vorher Gemeindebesitz in der Tat höchstens ausnahmsweise veräußert
oder sonstwie verändert worden ist28). Die Allmende umfaßte Wald
und Weide. Die Wasserläufe waren im 16. und 17. Jahrhundert schon im Besitz
des Landesherrn, doch verblieben die Altwasser — z. B. des Rheins — den
Gemeinden, die die Nutzung daran meist verpachteten29).

Sehr wichtig für die Dörfer waren die Weide rechte. Sie waren auch
ständiger Anlaß zu Streitigkeiten zwischen den Gerneinden, von denen viele
in den Bännen der Nachbargemeinden die Mitweide besaßen30). Wenn die
offenbar manchmal streitlustigen Bauern wegen des Weiderechts als solchem
beim besten Willen keinen Anlaß zu Zwistigkeiten finden konnten, so bot
schließlich auch der Triebwreg zur Weide noch dankbaren Anlaß zu Klagen,
Streit und Prozessen31). Allerdings war das Weiderecht auch zum Teil eine
Lebensfrage für die Bauern, da die Stallfütterung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
so gut wie unbekannt war und die künstliche Düngung erst in der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkam. Die komplizierten Rechtsverhältnisse
ließen bei den gerichtlichen Entscheidungen oder schiedsrichterlichen Vergleichen
allerdings auch oft Ergebnisse entstehen, die den Keim zu neuen Zwisten schon
in sich trugen: wenn z.B. nur bestimmte Tas;e, bestimmte Zeiten oder bestimmte
Wege — die für manche der betroffenen Bauern nicht selten weite
Umwege waren — für den Auftrieb gestattet wurden32).

Freilich ließ sich auch nicht immer ein so einfaches Urteil fällen wie das
im Weidgangsstreit zwischen Wyhlen und Grenzach, wo die Gemeinden sich
vergleichen dergestalt, daß keiner der Gemeindeangehörigen sein Vieh in oder
durch den anderen Bann treiben darf und, wofern er dort betroffen werden
sollte, sich sofort an Ort und Stelle mit dem Geschädigten vergleichen soll oder
vor Gericht zu erscheinen schuldig ist, was beide Parteien „wahr, steyff unnd
vest zuhalten" versprechen33). — Aber nicht selten waren die Verhältnisse so
kompliziert wie bei der Weidgenossenschaft Fischingen-Kirchen, die, weil sie
gemeinsamen Weidgang hatten, auch vermeinten, gemeinsame Eckerichnutzung
zu haben, die aber laut alter Lirkunden denen von Fischingen nicht zustand.
Die Kirchener argumentierten nun, es sei doch einleuchtend, daß die Fischinger,
wenn das Eckerich beginne, abfahren müßten und nicht wieder einfahren dürften
bis zum Ende der Eckerich-Zeit. Da nun die Kirchener, auch wenn es
keinen oder wenig Eckerich gab, sagten, es gäbe heuer welches, so hatten sie
die Fischinger damit praktisch von der Weide ausgeschlossen. Das von beiden
angerufene gerichtliche Urteil besagt, die Fischinger müßten am 14. September
abfahren und dürften erst am 2. Februar wieder zur Weide einfahren34). —

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