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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0069
mußten2), konnten, natürlich fast nie zu wirtschaftlichem Wohlstand gelangen —;
doch kam es zu wirklicher Armut als Verelendung des ganzen Bauerntums nur
nach dem Dreißigjährigen Krieg und — in vielleicht noch größerem Umfang,
zum Teil auch psychologisch bedingt als Folge von Arbeitsunlust wegen der
ständigen Bedrohung — in und nach den Franzosenkriegen zu Ende des

17. Jahrhunderts.

Doch griffen auch hier die Bauern zu wirksamer Selbsthilfe. Die häufigen
Kompetenzstreitigkeiten sowohl zwischen den einzelnen Herrschaften als auch
zwischen den markgräflichen Behörden und den Verwaltungen der katholischen
geistlichen Korporationen wurden oft zum v\nlaß genommen, in der Entrichtung
der Gefälle säumig zu werden. Die Unübersichtlichkeit der besitzrechtlichen
Verhältnisse nach den großen Kriegen, besonders denen des 17. Jahrhunderts,
kam diesen Selbsthilfebestrebungen der Überlebenden entgegen und ermöglichte
ihnen oft die Unterschlagung von Abgaben öffentlicher und privatrechtlicher
Natur. Noch im Jahre 1650 klagte der Bischof von Basel, daß viele Zinsgüter,
die während des Dreißigjährigen Krieges „verloren gegangen" sind, wieder angebaut
würden, die Inhaber aber keinen Zins davon gäben :{). Der Markgraf erließ
1709 eine Verordnung, in der festgestellt wurde, daß viele der in Kriegszeiten
zerstörten Rebäcker wieder bebaut seien — teils mit Früchten, teils mit
Reben —, daß aber weder von dem neuen Gewächs noch von den wieder angepflanzten
Reben Zins gereicht würde4).

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Die Leibeigenschaft hatte in unserem Zeitraum spürbar an Bedeutung verloren
, sie verblaßte mehr und mehr und verschmolz praktisch mit der Gerichtsherrschalt
zu einem allgemeinen Untertanenverband. Dadurch, daß Gerichtsund
Grundherrschaft nur in den seltensten Fällen in einer Hand vereinigt
waren, war der Bauer ebenfalls vor Ausbeutung weitgehend geschützt, wobei
es ihm letztlich gleichgültig sein konnte, ob der Gerichtsherr ihn gegen zu
weitgehende Ansprüche der Grundherren aus Verständnis für den Wert eines
leistungsfähigen Bauernstandes oder auch nur aus Prestigegründen oder machtpolitischen
Erwägungen schützte.

Die Tatsache, daß seit dem Anfang des 16. bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts
kein ernsthafter Versuch mehr gemacht wurde, die herrschende Form
der Agrarverfassung umzugestalten — und an Gelegenheiten, an Anstoß von
außen und politisch günstigen Augenblicken hat es weder im 17. noch im

18. Jahrhundert gefehlt — scheint mir ein Beweis dafür zu sein, daß sie die
Realisierung der für ihre Zeit nützlichsten und zweckmäßigsten Form darstellte.

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