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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1957-01/0034
Dieses Schreiben ist eines der schönsten Dokumente aus der Geschichte der
Stadt, weil hier die Stadt in beherrschtem mannlichem Tone die Rechte des
freien Bürgertums überhaupt verficht. So endete dieser Kampf zugunsten der
neuen Zeit.

Die Ratsbesatzung wurde von der Regierung gleichzeitig dazu benutzt, die
Zustände in der Gemeinde prüfen zu lassen und eingegangene Beschwerden zu
verfolgen.

Es sind meist die gleichen Beanstandungen, die in all den Jahren vorgebracht
werden. Immer wieder handelt es sich um die Verwaltung der Spitalgüter. Das
Heiliggeist-Spital wurde erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1281 erwähnt
. Es verdankte seine Entstehung wohl dem Johanniterorden. Im Lauf
der Jahrhunderte wurde es mit reichen Stiftungen bedacht, so daß es schließlich
einen Grundbesitz von 170 Morgen sein eigen nannte, dazu noch viele
Reben. Die jährliche Geldeinnahme betrug um diese Zeit etwa 830 Gulden,
dazu kamen noch die Erträgnisse der Güter. Die Stadt verwaltete diesen Besitz,
welcher der Pflege der Armen und Kranken zu dienen hatte.

Anfangs wurde das Spital von einem Rektor verwaltet, später von einem
Spitalmeister. Mit diesem Spitalmeister war es nicht immer gut bestellt. Die
reichen Einkünfte verlockten gar oft dazu, sich an ihnen zu bereichern.

So berichteten 1606 „Burgermeister, sambt etlichen der Räthen zue Newen-
burg", als sie die Ratsbesatzung anmeldeten, der Regierung von üblen Vorkommnissen
in der Verwaltung der Spitalgüter52).

Der Spitalmeister war gestorben und hatte eine betrübte Wittib hinterlassen
. Sonst an Gütern nicht allzu viel, warum die Wittib sich da zu trösten
versuchte, wo „Trost" vorhanden war. Um einem neuen zu bestimmenden
Spitalmeister die Güter übergeben zu können, mußte zuvor mit der alten
Spitalmeisterin abgerechnet und die vorhandenen Bestände überprüft und aufgenommen
werden. Zu diesem Zweck begaben sich der alte Bürgermeister,
2 Lohnherren, der Spitalpfleger und der Stadtschreiber in das Spital. Bei der
Bestandsaufnahme brachte die alte Spitalmeisterin zwei große Ballen Leinwand
herbei. Das eine Stück stellte sie gleich für sich auf die Seite mit dem Bemerken:
da sie nun mit ihrem verstorbenen Manne 16 Jahre lang dem Spital vorgestanden
habe, hätte sie dieses Stück Leinwand wohl verdient. Das andre Stück
verteilte sie unter die Herren, jeder erhielt 22 Ellen und 2 neue Kornsäcke
dazu. Der Stadtknecht stand tiefer im Kurs und erhielt darum nur 2 Ellen.
Während die getreuen Prüfer und Bestandsaufnehmer sich über einen reichen
Abendimbiß hermachten, ließ die getröstete Wittib „das Thuch Jedwedem in
sein Hauß tragen". Dort löste es bei den Hausfrauen eitel Freude aus, denn
feingewebtes linnen Tuch war zu allen Zeiten bei den Frauen beliebt. So war
alles wohl gelungen. Nur ein Mund mußte noch zum Schweigen gebracht werden
: der neue Bürgermeister; er war in Geschäften auswärts gewesen. Um den
Raub zu sichern, mußte auch er zum Mitschuldigen werden. Darum begab sich
die Verführerin einige Tage später zur neuen Spitalmeisterin, ließ sich von ihr
die Schlüssel geben und schnitt nochmals 22 Ellen ab und entnahm 2 neue
Kornsäcke. Dann hat sie „des newen Burgermeisters frauwen angezaigt, daß sye
etliches Tuochs so Iren gehörig, beyhanden. Darüber geandtworttet: Sye solle
solches Iren zue Hauß schickhen, oder selbst Pringen. Inmassen dann solches
von seinem Weyb angenommen und empfangen worden." Da die Wittib nun
einmal die beglückende Süße empfunden hatte, andre zu beschenken, besonders
mit Gaben, die ihr so billig zu stehen kamen und ihr doch so teure Freunde
verschaffen sollten, fuhr sie in diesem löblichen Tun fort. So bedachte sie

52) Blatt 1/4

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