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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1958-01/0041
Schweizer Unternehmer hatten sich nun dabei schon länger den
Vorteil zunutze gemacht, daß die Bewohner der unfruchtbaren Berglandschaft
des südlichen Schwarzwaldes, die auf ihren eigenen infolge generationenlanger
Erbteilung nur sehr geringen Besitz an Grund und Boden keine ausreichende
Lebensgrundlage finden konnten, weit billigere und zahlreichere Arbeitskräfte
boten als die des wohlhabenderen Schweizer Hügellandes. Seit etwa 1740 war
die Beschäftigung mit Heimarbeit nicht selten die hauptsächliche Einkommensquelle
der auf bäuerlichen Zwergwirtschaften lebenden Bevölkerung geworden.
Andererseits wurde diese Arbeit so gering bezahlt, daß nur die Ärmsten der
Armen sie zu übernehmen gewillt waren. Gerade aus der Gegend um Lörrach
kommen häufig Klagen, daß nur die wenigsten Untertanen zur Heimarbeit
geneigt seien, so daß der Landvogt v. Wallbrunn bei dem steigenden Bedarf
an solchen Arbeitskräften und um den Export zu fördern, plante, allen Personen
außer im Rebland vom 10. bis zum 50. Lebensjahr eine bestimmte Anzahl
„Schneller" jährlich zur Fertigung aufzuerlegen. Neben dem Gedanken an den
industriellen Aufstieg des Ländchens mögen ihn dazu wohl auch sozialpädagogische
Ansichten, nach denen es verdienstvoll ist, schon
kleinen Kindern die Möglichkeit zu geben, zum eigenen Lebensunterhalt beizutragen
, bewogen haben. Der Markgraf lehnte allerdings in einer Denkschrift
aus dem Jahre 1758, in der er dem Oberamtmann (Landvogt) die Richtlinien
für sein künftiges Verhalten auf wirtschaftlichem Gebiet gab, jeden Zwang
dieser Art strikt ab. Es ist demnach nicht sicher, daß, wie in der Werbeschrift
angekündigt wurde, alle Baumwollfabrikanten tatsächlich „darzu allschon die
erwünschte Bereitschaft in der Spinnerey" finden würden. Indessen konnten
rührige Verleger immer wieder Heimarbeiter finden, die bereits Spinnen und
Weben erlernt hatten, so daß bei diesen das Anlernen entfiel, das ja immer
mit Unkosten für den Unternehmer verbunden war.

Besser scheint es allerdings mit der Bereitwilligkeit zur Arbeit in den
zentralisierten Fabriken gestanden zu haben. Zwar klingt es etwas übertrieben,
wenn davon gesprochen wird, daß in Lörrach bereits „verschiedene ansehnliche
Fabriken daselbst glüklich aufgerichtet" seien. Doch schon bei der Stadtgründung
- gegen die die österreichische Regierung vergeblich protestiert hatte -
fehlte nicht die industrielle Unternehmung in Form einer herrschaftlichen Walke
nebst Färberei, die 1713 eingeweiht worden waren. Bereits diese Gründung
war darauf angelegt gewesen, daß ihr von Basel Arbeit gegeben wurde. Sie hat
sich indessen niemals so recht rentiert. Doch bestand überhaupt bei fast allen
Unternehmungen in irgendeiner Art eine Beziehung zu Basel - sei es, indem
man von dort auf Aufträge hoffte oder Absatz suchte, sei es, daß Basler Bürger
aus den verschiedensten Gründen verzogen und sich im Markgräflerland als
Gewerbetreibende niederließen, ihr baselisches Bürgerrecht aber beibehielten.

Natürlich konnte man der mächtigen Basler Industrie nicht ernsthafte Konkurrenz
machen - allein deswegen nicht, weil Basler Unternehmungen
die Arbeitgeber für einen großen Teil der Bevölkerung des deutschen
Grenzgebietes waren -, aber man schätzte es, wenn man sich auf dem einen
oder anderen Gebiet ein wenig vom wirtschaftlichen Übergewicht dieser Stadt
emanzipieren konnte. Gelegenheit dazu schien sich vor allem dann zu bieten,
wenn ein Unternehmer aus religiösen Gründen mit dem sehr unduldsamen
Patriziat der Stadt Basel - die zwei Jahrhunderte zuvor noch der Zufluchtsort
vieler religiöser Sektierer gewesen war! - in Konflikt kam. Der Markgraf
sicherte dann ja ausdrücklich den Reformierten die gleichen Rechte und Freiheiten
zu wie den Lutherischen. (Im übrigen waren auch weder Volkstum noch
Sprache ein Hinderungsgrund, um im Markgräflerland ansäßig zu werden; das
geht schon daraus hervor, daß die „Benachrichtigung" auch in französischer

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