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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1960-02/0026
aufgeführten Orte „ W i o 1 o n " bzw. „ W i e 1 u n " wirklich mit unserem
Wyhlen am Hochrhein identisch sind. Es handelt sich um eine Belegstelle in
einem Klosterkodex (Notitiae Fundationis et Traditionum Monasterii S. Georgii
in Nigra Silva): „. . ..in pago Prisiaquensi apud villam Wiolon ad anno 1094".
Die andere Erwähnung stützt sich ebenfalls auf das St. Georgener Güterverzeichnis
und ist im „Wirtembergischen Urkundenbuch" abgedruckt. „Villa que
vocatur Wielun" heißt es dort und ist mit der Datierung 1138 versehen.
Sprachgeschichtlich sind beide Belege nicht in die Genese des Ortsnamens einzugliedern
, da der Wandel von W i o Ion oder W i e lun zu W i len nicht erklärbar
ist6). Für die Identität mit unserem Wyhlen spricht die Tatsache, daß
sich beide Belege nicht auf das Original des alten Berains stützen können,
und bei den Berainsabschriften sind nachweislich auch sonst Abschreibefehler
unterlaufen. Gewichtiger scheint mir jedoch die Analogie der Kirchenpatrone:
Kirchenpatron der schon früh belegten Pfarrei Wyhlen ist Sankt Georg. Da
die Kirchenheiligen im Mittelalter gleichsam das Rechtssymbol der klösterlichen
Grundherrschaft verkörperten, ist es historisch durchaus vertretbar, die beiden
St. Georgener Belege von 1094 und 1138 unserer urkundlichen Bestandsreihe
voranzustellen.

Wenn auch die urkundliche Bestandsaufnahme keine lückenlose Linie vermittelt
, so ist doch der Ortsname Wyhlen zweifellos auf das lateinische „villa"
zurückzuführen, zumal die Einbeziehung der rechtsrheinischen Ebene in den
römischen Kulturraum von Augusta Raurica nachgewiesen ist7). Die Landschaft
im westlichen Hochrheintal war lange Zeit Kontaktzone des gallo-römischen
und des germanischen Kulturkreises und so reichen die historischen Tatsachen
der römischen Provinzstadt Augusta Raurica, kulturelles, wirtschaftliches und
militärisches Zentrum zugleich, auch über den Rhein nach Norden und beziehen
die Talauen und die warmen Südabhänge des Dinkelberges in ihre Geschichte
ein. Wohl ist der Beginn systematischer römischer Kolonisation in der
„Vorortzone" von Äugst nicht zu belegen, doch dürfte die Notwendigkeit
eines Brückenbaues um die Mitte der 70er Jahre nach Chr. nicht allein mit
der militärischen Funktion zu begründen sein. Der aufgelockerte Vorortbereich
auf der rechten Rheinseite wurde damit gleichzeitig als Wirtschaftsgebiet von
Äugst durch einen festen Übergang mit der Stadt verbunden Für die Besiedlung
der Gemarkungen im westlichen Hochrheintal bedeutet dieser erste römische
Brückenbau einen markanten Zeitstein, welcher den einbezogenen Gemeinden
, zu denen auch Wyhlen gehört, die würdige Gelegenheit vermittelt, in
absehbarer Zeit die 1900-Jahr-Feier ihrer Besiedlung zu begehen.

Für die Ortsnamenbildung selbst ist es eine sekundäre Frage, in welcher
Form sich bei der alemannischen Landnahme die Auseinandersetzung zwischen
den Völkern vollzog. Für die Benennung eines Ortes mit vil, wila, villa genügten
meist die auch nach einem Zerfall noch lange sichtbaren Trümmer römischer
Siedlungsstellen. Solche gaben ja auch den Gewannamen in irgendeiner
Form das Gepräge (GN und FN mit Stein, Mauer, Ziegel), so daß auch nach
mehr oder weniger großen Zeiträumen der von den römischen Relikten stammende
Flurname, oder natürlich das Relikt selbst, als Ortsname angenommen
werden konnte. Neben diesen echten „Villa-Orten", die immer in Zusammenhang
mit römischer Kolonisation stehen, finden sich gehäuft germanische Neusiedlungen
, die sich ebenfalls des Ortsnamens villa - villare bedienen, ihn aber
immer in Verbindung mit einem Eigennamen verwenden (z. B. in der Schweiz:
Bäretswil = Berolfeswilare; die nicht lokalisierbaren Weiler des „Adaghilin"
und des „Ansoldo" sind hier gleichfalls einzuordnen). Da den Germanen vor
einem kontinuierlichen Kulturaustausch nicht nur das gemauerte Haus, sondern
auch die römische Art zu siedeln fremd war, und die entsprechenden Ausdrücke

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