http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0242
Müllheimer Weinmarkt 1960 mit den Markgräflerinnen,
welche die Weine kredenzen.
Die geborene Kreisstadt hatte sich hochzeitlich herausgeputzt und wirkte
so sonnig jugendfrisch wie eben nur eine Gutedlerin. Da kann man sehen, daß
ein gesunder Wein immer noch den Knoblauchpillen des Runzelbulgaren Ilja
Rogoff vorzuziehen ist. Alle Geschäfte strengten sich an, Bürgersinn und Tradition
in den Auslagen zu bekunden und bereiteten ererbte Familienstücke aus,
womit alle die Schaufenster zu Fenstern wurden, die Einblick in die Kulturgeschichte
des Hebellandes boten. Stücke, so rührend wie reizend, durch Jahrhunderte
wohl gehütet, behördlich befohlener Entrümpelung geschickt entzogen
. Ihrer soviele, daß es nötig wurde, mal Pause zu machen und einen zu
heben, denn trinken macht die Augen klar!
Inzwischen entwickelte sich langsam das Treiben einer Festspielstadt. Berittene
tummelten ihre Rosse fromm, Behelmte, die einen noch nicht ins Klare
darüber kommen ließen, aus welchem Jahrtausend sie zu diesem Tage ihre Auferstehung
feierten, streiften durch die Gassen. Musik da, Musik dort. Steckle-
pfiffer un' Trummler in der Ferne, alle im Sternmarsch auf den „Waffenplatz"
zu. An allen Ecken Kinder wie aufgescheuchtes Hühnervolk. Und die Werderstraße
herauf ein Mohr in weißer Soutane. Sollte er auch zu einer Umzugsgruppe
gehören? Nein, nein, denn die schwarze Soutane des Weißen, neben ihm, des
katholischen Stadtpfarrers bewies, daß es sich um einen Gast eines seltenen
Schauspiels handelte.
Gute Weinverkäufer — als Programmverkäufer natürlich weniger gewandt.
Doch es gelang uns, die „Beschreibung des Historischen Festzuges", Heft
Nr. 1630, zu erstehen. Noch ein Viertele und noch eins, um das Blatt zu stu-
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