http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-02/0010
Zehn Jahre später war infolge der Feuchtigkeit das Holzwerk völlig vermodert.
Giebel, Mauern und Fundamente zeigten überall bedenkliche Risse; Stühle, Bänke,
Pfosten und dergleichen, worauf Empore und Turm ruhten, waren zum Teil bereits
zusammengefallen. 1718 wird berichtet, daß die hintere Giebelwand „glatt vom
Boden hinweg vollkommen wieder hinausgefallen" ist und auch der vordere Giebel
sich in einem solchen Zustand befinde, daß sein Einsturz während eines Gottesdienstes
befürchtet werden müßte. Wieder setzen Ausbesserungen ein, aber nach
12 Jahren schreibt Pfarrer Kurz in einer Eingabe, „daß die Dächer, welche von
Schindeln gemacht, ganz und gar verfault, daß das Regenwasser und der Schnee
sehr häufig in die Kirche rinnet, daß weder die Zuhörer in ihren Stühlen noch der
Pfarrer auf der Kanzel dafür geschirmet sind". Bei der Kirchenvisitation des
Jahres 1749 war die Kirchentüre zerbrochen und das Schloß nicht mehr vorhanden.
Das Altartuch hing in Fetzen herab. Die Kirchhofmauer war zerfallen, so daß
zahme und wilde Tiere in den Gottesacker eindringen konnten. 1760 mußte der
Fußboden erneuert und mit steinernen Platten belegt werden. 1764 war das Holzwerk
wieder verfault. Der Stuhl der Frau Pfarrerin war so vermodert, daß sie
sich stets die Kleider darin verdirbt an den nassen Schwämmen, welche darauf
kleben, so daß sie unmöglich den Winter hindurch in demselben noch stehen kann.
Wieder setzte Abhilfe ein, ebenso im folgenden Jahr, wo eine neue Empore aufgeführt
wurde. 1784 aber stürzte das Portal der Kirche und ein Mauerstück ein.
Die Baufälligkeit war so weit fortgeschritten, daß der Gottesdienst wegen der
Gefahr des Einsturzes im Freien abgehalten werden mußte. 1788 bat die Gemeinde
um den Bau einer neuen Kirche. Der Kirchenrat in Karlsruhe unterstützte die Eingabe
bei dem Markgrafen - es war der für seine Untertanen so fürsorgliche Karl
Friedrich, der im September 1765 in Neuenweg geweilt hatte — und so wurde 1788
der Landbaumeister Meerwein in Emmendingen mit der Planfertigung für den
Neubau beauftragt. Die Kriegszeit verhinderte die Ausführung. 1801 wird bei einer
Kirchen Visitation festgestellt, daß ein Teil des Daches durch einen Sturm weggerissen
wurde und die Angelegenheit wohl gemeldet, aber nichts geschehen sei,
aber wenn ein neuer Sturm vor dem Beschluß der Regierung komme, führe er auch
die andere Hälfte mit sich fort. 1804 erscheint der Oberbaudirektor Friedrich
Weinbrenner persönlich in Neuenweg, vermutlich auf Anordnung des Markgrafen,
der im September 1798 zum zweiten Male Neuenweg besucht und im Pfarrhaus
übernachtet hatte. Er verbietet das Läuten der Glocken, da der Turm dabei merklich
ins Schwanken geriete. Da die Kirche inmitten der mit Stroh gedeckten Häuser
und dem allzukleinen Friedhof lag, solle der neue Bau oberhalb der alten auf den
bisherigen Pfarrgarten gestellt werden. Es ging nicht vorwärts. Die Kosten waren
dem Bauamt zu hoch - 13 362 fl - es befürchtete, daß sie sich auf 20 000 - 22 000 fl
erhöhen würden. Mittlerweile machte der Zerfall der Kirche unaufhaltsame Fortschritte
. Die Empore, die bereits auf Hilfsstützen ruhte, drohte zusammenzubrechen
; die obere Vorderwand beim Turm mußte wegen Gefahr des Einsturzes abgebrochen
und durch eine Bretterwand ersetzt werden, durch das nicht mehr auszubessernde
Dach drang der Schnee über ein Schuh tief in die Kirche.
Nach mancherlei Hin und Her griff man schließlich auf die längst von Weinbrenner
gegebenen Anregungen zurück. Architekt Rebstock von Lörrach legte Plan
und Kostenberechnung vor, die sich aber höher stellten als das Hofratskollegium
zahlen wollte. So wurde dem Werkmeister Krämer in Malterdingen die Bauleitung
übertragen. Landbaumeister Frommel hatte ihm an Ort und Stelle die nötigen
Anweisungen zu geben. Die Pläne aber stammten von Weinbrenner.
300 Handfröhner waren zur Abgrabung des Pfarrgartens und Ausschachtung
der Fundamente angesetzt. Auch zahlreiche Spanndienste waren zu leisten. Da die
Fröhner meist sehr arme Leute waren, mußte für sie aus der Burgvogtei Lörrach
Kommisbrot und etliche Saum Wein beigeholt werden.
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