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mit und 1272 war so kalt, daß um Weihnachten „der Wein vor der Wandlung
und alle Brunnen und Quellen" einfroren. Aber 1273 war gesegnet und die
Lebensmittel sehr billig. 1349 starb an einer Seuche der dritte Teil der Einwohner
unserer Gegend. Ein großes Erdbeben suchte am 18. Oktober 1356 unsere
Gegend, die Dörfer und Burgen, besonders auch Basel heim, wo keine hundert
Häuser geblieben sind, und vieles durch Feuersbrünste zerstört wurde. Wieder
wütete eine furchtbare Seuche im Jahre 1420. An dieser starben auch der 27jährige
Sohn Rudolf des Markgrafen und drei seiner Töchter im Kloster St. Klara in
Basel. 1436 war ein sehr schlechtes Jahr, 1473 hatte einen der heißesten Sommer
und man gab diesem Schuld, daß 1474 die Pest wieder im Land wütete.
Von einigen Streitigkeiten abgesehen waren diese Jahrhunderte ruhig, und
Handel und Wandel brachten auf den Handelsstraßen inzwischen manche neuen
Lebensmittel in die Küchen. Der fast unerschwingliche Rohrzucker kam wahrscheinlich
zuerst aus Ostindien und wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts auf
der ganzen Welt verbraucht. Durch seinen hohen Preis mag er nur zu besonderen
Gelegenheiten bei uns in der Küche verwendet worden sein, bis die Anpflanzung
der Zuckerrüben die Versorgung mit Zucker sicherte. Sie ist eine Spielart der
am Mittelmeer heimischen Runkelrübe wie die rote Rahne (Rotrübe). Von Süden
kam auch die Sommerzwiebel, vom südöstl. Sibirien die Winterzwiebel, und der
Reis aus Ostindien zu uns. Kartoffeln kamen erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts
, Tomaten viel später, von Südamerika nach Europa und galten als
Leckerbissen. Doch nach Mißernten, Hungersnöten und Teuerungen im 18. Jahrhundert
wurde der Anbau der Kartoffeln zwangsläufig angeordnet. Auch der
Kaffee, dessen Heimat wahrscheinlich der östliche heiße Teil Afrikas ist, und
zuerst in Südarabien angebaut wurde, kam später zu uns. Die Walnuß „Welsch-
nuß" kam aus „Welsch"land, dem östl. Mittelmeergebiet und Westasien. Die
Anpflanzung von Raps war früher besonders wichtig, denn das „Rüböl" wurde
vor Entdeckung des Steinöls oder Erdöls zur Beleuchtung verwendet. Als Speiseöl
hatte man Leinöl, Nußöl, später teilweise auch Mohnöl, bis die Ölbäume des
Mittelmeeres das feine Oliven- oder „Baumöl" und die in den Tropen angebaute
Erdnuß das Erdnußöl brachten.
Korinthen und Rosinen aus Weinbeeren kamen von Griechenland, und sie
werden auch heute noch gerne zum backen verwendet. Aus ihnen wird noch hie
und da der „Zibebenwein" angesetzt. Der Safran, der den Kuchen „gel" machte,
stammte vom Safrankrokus aus Südeuropa und dem Orient, und das früher
viel in der Küche verwendete Rosenöl aus Bulgarien. Der echte Sago wurde
auf den Sundainseln und Molukken aus dem Stamminnern der Sagopalme gewonnen
. Vielerlei feine Gewürze hatten inzwischen auch den Weg aus den heißen
Ländern zu uns gefunden. Von Ostindien kam die Gurke, Rettiche von China,
Sonnenblume, Feuerbohne und Kürbis aus Südamerika. So war von jeher der
Tisch reichlich gedeckt mit allem was die Natur und das einst der Wildnis
abgerungene Land bot.
Mit Hilfe mancher neuer Nahrungsmittel und Gewürze war das Kochen
allmählich zur Kunst geworden, wie auch die Geräte immer vielseitiger und
reicher wurden in Ausführung und Verwendung. Besondern das blanke Silber
und Zinn, Kupfer und Messing, kunstvoll geformt und verziert, war der Stolz
einer Hausfrau. Fast jedes Dorf hatte einen „Hafner", der das Gebrauchsgeschirr,
Töpfe, Schüsseln, Teller, Tassen, Platten, auch niedliches Puppengeschirr zur Freude
der kleinen Mädchen, aus Ton zu formen und brennen verstand. Er war es auch
der die Ofenkacheln fertigte und brannte und Herde und Öfen aufsetzte. Uber
der Herdstätte war das offene Kamin, in dem gepökelter Speck, Schinken und
die Würste geräuchert wurden. Tontöpfe dienten eh und je zum Aufbewahren
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