http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-02/0040
die Ansprüche im Essen, Trinken und Bekleidung und anderem täglichem Bedarf
in guten Zeiten sehr schnell an, gerade aber was das Essen und Trinken anbetrifft.
Durch den großen Verbrauch vieler Gewürze wurde alles verfeinert, was auf den
Tisch kam und schmackhafter gemacht. Die Tafeln bei Familienfesten wurden in
guten Zeiten immer reichlicher gedeckt, wenn im täglichen Leben auch meistens einfach
und bescheiden gewirtschaftet wurde. In einem Kochbuch von 1790 wird noch
nicht mit Backpulver, bereits aber mit Bierhefe gebacken. Dieses Kochbuch, mit
vielen Vorschriften „von allerley Koch- und Backwerk für junge Frauenzimmer
von einer Freundin der Kochkunst" geschrieben und mit einem längeren Vorwort
ohne Namen der Verfasserin, wurde in Stuttgart gedruckt. Damals mag es eine
Rarität gewesen sein, obwohl diese schreibt, daß verschiedene Kochbücher im Druck
vorhanden seien. Trotzdem gebe sie es, „das erprobt und für angehende Köchinnen
und Personen mittleren Standes tauglich" wäre, heraus, obschon „nicht leicht ein
Frauenzimmer ohne ein geschriebenes Kochbuch seyn will", und sie schreibt weiter,
„hoffentlich werden Männer durch eine zweckwidrige Beurteilung ihre Tadelsucht
nicht verraten wollen!" Gute Back- und Kochrezepte wurden noch von den Großmüttern
, tüchtigen Hausfrauen und Köchinnen bis vor wenigen Jahrzehnten fein
säuberlich in ein „Kochbuch" eingetragen und vererbt.
Im obengenannten Kochbuch spielen, wie heute noch Eier und Butter, Mandeln,
Korinthen, Rosinen, Zitronat, Orangeat, Zitronen, Rosenwasser, Muskat, Zimt,
Anis und Nägelein, Kümmel, Ingwer, Salz und Pfeffer, Rahm und feines Mehl und
verhältnismäßig sehr wenig Zucker, außer bei Torten, die Hauptrolle. Suppen
wurden bereitet von Mehl, Hausbrot und "Wecken mit „Röhn und Eyerdotter" zum
Verfeinern, von Grießmehl, Mutschienmehl, Habermehl, Kerbel, Sauerampfer und
Peterling, von Cellerich, gelben Rüben, Gerste, Sago, Flädlen, Nudeln, Eyergerste,
Bier, Wein, Chocolade, Erdbirnen, Zwiebeln, von Fisch und Krebsen, Kramets-
vögeln, Lerchen und dergleichen. Ferner Suppe ä la Reine (oft läßt sich die französische
Herkunft nicht verleugnen), von Reiß mit klarer Jus, von Wurzeln mit gesottenem
„Knopf", der in einer Serviette im Wasserbad gekocht wird oder den man
„in einem Stollhafen mit siedender Fleischbrühe wie Knöpf lein einlegen kann".
Weiter Suppen von Rindfleisch und Hühnern, süße Mandelsuppe, solche von Erbsen
, Linsen, Spargeln oder Hopfen, Leber, oder von Kalbsprißlen (Milchner) mit
Mandelschnitten (mit Salz und Muskat abgeschmeckt), „Suppe von Ragout-Wecklein
". Dazu werden kleine „Wecklen" gefüllt mit „kleingeschnittenen, in Butter
und Petersilien verdämpften Prißlen und Euter, auch Morcheln dazu, ein wenig
Mutschelmehl, Fleischbrühe und Muskatblüthe, gebacken und darüber die heiße
Fleischbrühe angerichtet." „Knöpflen" von gebrühtem Teig, ähnlich wie Butterklößchen
, werden in einem flachen Model oder einer Kapsel gebacken. Grießkuchen,
Prißlen, Köhl, oder Carviol, oder Milchbrot, alle in Scheiben geschnitten, werden
in einem Teiglein (Pfannkuchenteig) umgedreht, im Schmalz gebacken und in die
Fleischbrühe gelegt, So vielseitig wußte man nahrhafte Suppen zu kochen.
Ähnlich ist es auch mit den verschiedenen Fleischspeisen. „Rindfleisch zu oppre-
tieren", Rindfleisch mit Cellerie-Soße, im Ofen, mit Kräutern (Schalotten, Peterling
, Zwiebel, Thimian, Basilikum, Kapern, Pfeffer und Salz kommen daran und
alles wird in Butter zugedeckt gedünstet). Böf a la Mod (in Klammern Boeuf ä la
Mode), solches mit Sardellen, Trüffeln; oder Meerrettich-Soße oder Gansleber in gedecktem
„Fushafen", unten und oben Kohlen, gedämpft.
Nun folgen „Gemüser" aus verschiedenen Gemüsen zusammengekocht, von
Braun- oder Winterköhl, Broccol-Köhl (wie Spargeln gekocht), Kohlraben, Sauerkraut
mit Wein, mit Gans-, Schweine- oder Rinderschmalz geschmälzt und auch
mit Hecht oder Forellen bereitet. „Beschwert man das Sauerkraut zuviel, so muß
man zuviel Wasser abschöpfen, welches ihm alle Kraft und Farbe nimmt; beschwert
38
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-02/0040