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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1962-02/0046
Siebenschläfer eigentlich erst auf den 10. Juli fallen müßte. Zwischen diesen zwei
Tagen ist Johannistag, Mittsommer, und Johanniskraut und andere Heilkräuter
wurden heimgeholt und das Johannisfeuer angezündet. „Peter und Paul am 29.
Juni brechen den Halm ab, in 4 Wochen schneiden wir ihn ganz ab" heißt ein
altes Sprichwort, das bedeutet, daß sich die Ähre nun senkt und es der Ernte
zugeht.

Noch vor wenig Jahrzehnten wurde vor Beginn der Ernte und des ersten
Sensenstriches auf dem Acker vom Bauer ein Vaterunser gesprochen und damit
um gutes Erntewetter und den Segen zur Ernte gebeten. Vor dem letzten Sensenschnitt
sagte der Bauer: „Siehsch seile Has?" Keiner sah ihn, aber man glaubte
einst an ein Korntier, das als Hase im Korn oder im Hafer als „Habergeiß" saß
und die Ernte hütete. Darum durfte auch kein Kind in die reifende Frucht laufen.
Dieses Tier, so glaubte man einst, hätte sich noch im letzten Ährenbüschel versteckt,
und die Bäuerin nahm davon die sieben oder zwölf schönsten Ähren zum „Glücks-
hämpfeli", das hinter den Spiegel gesteckt wurde. Früher wurden die Körner
davon unter den neuen Samen gemischt.

In der kirchlich festlosen Zeit finden Vereinsfeste statt, anstelle der früheren
Erntefeste und Kirchweihen. Der Jakobustag am 25. Juli zeigt an, daß die ersten
Äpfel, Birnen und Kartoffeln geerntet werden dürfen und die Ernte beginnt. An
Bartholomäus am 24. August werden die Bartholomäusmärkte abgehalten
. Zugleich wurde an diesem Tag „S i c h e 1 h e n k i" gefeiert. Die Sicheln wurden
aufgehängt und es wurde Abschied genommen mit Geschenken, einem Festessen
und Tanz von den Schnitterinnen und den Schnittern, die früher vom Schwarzwald
und aus dem Württembergischen zur Ernte kamen. Mit reichlichem Essen
und Wein wird heute noch hin und wieder auf Höfen mit den Mithelfenden das
Ende der Getreideernte begangen. Am 8. September, „an Maria Geburt ziehn
Storch und Schwalben furt", und am Michaelistag am 29. September war einst
die Zeit des Herbstthings und wie an Martini, dem Martinstag am 11. November
und an Lichtmeß Dienstboten Wechsel und Zinstag. Am 16. Oktober, „an
St. Gall bleibt die Kuh im Stall", ist es gewöhnlich aus mit den Freuden der
Hirtenbuben, die früher von dem, was noch da war, ungestraft von den Obstbäumen
und Weinbergen holen durften was noch zu finden war.

Die Traubenernte, der „H erbst", brachte ebenfalls immer schon viel
Freude besonders wenn er gut ausfiel. Da kamen viele, die mithelfen wollten
und da ging es lustig zu. Aber heute fehlt es den Weinbauern oft an Hilfe, wenn
nicht gefälligkeitshalber Bekannte mithelfen. Der „Bückiträger" hat es heute noch
am schwersten, denn er muß die vollen Bücki den Berg hinunter oder hinauf zur
großen Bütte auf dem Wagen tragen. Das Essen wird mitgenommen, Brot, Butter
und Käse, Wein und Schnaps, und erst am Abend wird warm gegessen. Bei guten
Weinherbsten war jeden Abend Herbsttanz, wobei dem „Chrezer" und dem
„Federwiiße" zugesprochen wurde. Während bis vor wenigen Jahren jeder selbst
auf seiner eigenen Kelter oder Trotte trottete, ist heute mancher größere Betrieb
einer Winzergenossenschaft angeschlossen, wo er die Trauben hinfährt und seinen
Wein in Flaschen für seinen eigenen Verbrauch holt. Ab und zu ist es noch Brauch,
daß am Andreastag, am 30. November, „andreslet" wird. Wenn die jungen Mädchen
es gerne wissen wollen, was ihr Zukünftiger von Beruf ist, versuchen sie es
da mit dem „Bleigießen", denn wie sich das heiße Blei im Wasser gestaltet, darin
zeigt sich, ob „Er" ein Schneider oder Schuster oder sonst etwas sein wird, etwa
in der Form einer Nadel, eines Leistens usw. An diesem Tag, wie am Barbaratag,
am 4. Dezember, werden Kirschbaumzweige ins Wasser gestellt und man sagte
früher, es bedeute Glück in der Liebe und Fruchtbarkeit im Stall, wenn sie an
Weihnachten reich blühten; heute rechnet man in diesem Falle mit einer guten
Kirschenernte im kommenden Jahr. Ging man in einen fremden Stall, sagte man:

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