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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
26.1964, Heft 1.1964
Seite: 26
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0028
machten sich auf, zum Magistrat der Stadt. Das Gebäude lag hoch oben auf dem
Möns. Und während sie da hinauf kletterten, kam ihnen doch immer mehr zum
Bewußtsein, daß sie auf fremdem Boden waren. Es war österreichisches Gebiet, das
sie betreten hatten. Die vornehmen Männer und Frauen, an denen die vier armseligen
Schiffer vorüber kamen, sahen arg hochmütig auf die Männer hernieder, die
da von einem armen Dorfe herkamen. Ja, was waren doch die Markgräflich-Dur-
lachischen Untertanen gegen die Angehörigen des Hauses Habsburg? Der Sitz der
vorderösterreichischen Regierung lag in Freiburg, das Gericht auf der andern Seite,
über dem Rhein drüben, in Ensisheim. Je näher sie dem Sitze des Magistrats kamen,
um so mehr sank ihnen der Mut.

Kaum hatten sie das Magistratsgebäude betreten, wurden sie sofort zu der
Behörde geführt. Bis auf den letzten Mann hatte sich der Magistrat versammelt.
Und jetzt ging's los. Die armen Schiffer, die doch schon manches in ihrem Leben
mitgemacht hatten, meinten, der letzte Tag sei für sie angebrochen. Der Magistrat
warf ihnen vor:

Ihr, die Schiffer von Kleinkems, seid durch den engen Kanal (Wuhr) beim
„Gaiskopfgiessen" gefahren und habt eure Schiffe zwei Stunden lang aufwärts gezwängt
. Das „Wuhr" ist dadurch schwer beschädigt worden. Man hat euch aber
vorher gewarnt. Das „Wuhr" ist im vergangenen Jahr für mehrere 1000 fl gebaut
worden. Ihr, die Schiffer, habt die Kosten für das beschädigte „Wuhr" mit 1200 fl
in bar zu bezahlen, dazu ferner die Gerichtskosten. Für spätere Reparaturen habt
ihr eine Kaution zu stellen. Bis die Schuld bezahlt ist, werdet ihr eingesperrt, zwei
eurer Schiffe behalten wir als Sicherheit hier.

Die Schiffer konnten kein Wort mehr sagen, so zerschlagen waren sie. Sie kamen
sofort ins Gefängnis. Vergeblich wiesen sie in den nächsten Tagen darauf hin, daß
sie nichts beschädigt hätten und nichts von dem Verbot gewußt. Sie hatten Wein
für den Herrn Markgrafen geladen und seien nur „vier Glaubens lang" (4 Vater
unser) in jenem Kanal gewesen. Selbstverständlich glaubte man ihnen nicht.

Sofort standen den Kleinkemsern aber auch ihre Zunftgenossen bei. Die
„Ämker", die Fischerzunft von Straßburg. Die schrieben in ihrem Gutachten: „überall
, wo der Rhein einen vorher verschlossenen Weg durch Änderung seines Laufes
aufgenommen habe, sei am ganzen Rhein freie Fahrt üblich. Wenn nicht durch ein
Zeichen, einen Stock oder dergleichen, zu sehen, daß es verboten sei". In diesem
Sinne äußerten sich auch die Schiffer von Neuenburg und die alten Nachbarn der
Kleinkemser, die Rheinweilener.

Sofort schaltete sich auch der Markgraf, es war Markgraf Karl Friedrich, ein,
um seinen Untertanen beizustehen. Er stellte sich auf die Seite der drei Gutachten
der drei Schifferzünfte, und meinte: wenn die Schiffer behaupten, freie Fahrt durch
eine vom Rheine selbst geschaffene Öffnung zu haben, so sei das ihr gutes Recht.
Abgesehen) davon erblickte er in dem Vorgehen der Österreicher einen unzufriedenen
Akt, da es seinem Wein nicht gleichgültig bleiben kann, ob er bei dieser warmen
Witterung länger unterwegs liege oder kürzer. Auch könne er nur annehmen, daß
untere Regierungsorgane es versäumt haben, die elf benannten Zeugen für die
Kleinkemser Schiffer zu vernehmen.

Erst nach beinahe sechs Wochen erklärte sich die vorderösterreichische Regierung
in Freiburg bereit, diese elf Zeugen zu vernehmen. Über den näheren Vorgang ist
freilich nichts in den Akten zu finden.

Hingegen brauchten die Kleinkemser Schiffer im Gefängnis zu Breisach nicht
hungern. Sie bekamen zum Frühstück eine Maas Kaffee. Zum Mittagessen: Suppe,
Rindfleisch, Gemüß und Fleisch nebst einen eingemachten Fleisch, Braten und Salat.
Kostenpunkt: 30 Kreuzer täglich. Dazu Trinken täglich oft 7 bis 8 Maas vom
besten Wein zu 24 Kreuzer am Anfang, „jetzt begnügen sie sich mit 16 Keuzer
Wein". Diese Verpflegung wird vom Löwenwirt und Stadtbaumeister Jakob Federer

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