Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
26.1964, Heft 1.1964
Seite: 41
(PDF, 13 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0043
Die Leprosenkapelle zu Staufen

Von Ingeborg Hecht, Freiburg

Wer von Norden her in die breisgauische Faust-Stadt Staufen kommt, wird
linker Hand inmitten eines Bauerngartens eine kleine, weißgestrichene Kapelle bemerken
, die bis zu ihrer Renovierung und neuen Einweihung am Magdalenentag im
Juli 1961 mit ihren etwa fünf Jahrhunderten eine traurige und interessante Geschichte
aufzuweisen hat: die Leprosenkapelle. Als furchtbares Mitbringsel hatten
die Kreuzfahrer die „Miselsucht" — so steht's auch noch in Hartmann von Aues
„Armen Heinrich" — heute Aussatz oder Lepra genannt, aus dem Orient ins
Abendland eingeschleppt, jene nahezu unheilbare Krankheit, die so ansteckend war,
daß die von ihr Befallenen aus der menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen werden
und lange ein schütz- und rechtloses Dasein fristen mußten. Erst als sich die
Krankheit immer verheerender auch unter Adligen und reichen Bürgern ausbreitete,
kam man endlich darauf, sich dieser Kranken anzunehmen. „Gute Leute" und wohlhabende
Kranke gründeten und unterhielten die „Gutleuthäuser" durch Stiftungen
und Vermächtnisse. König Balduin von Jerusalem stiftete zu Anfang des 12. Jahrhunderts
, als er vom Aussatz befallen wurde, den geistlichen Ritterorden der L a -
z a r i t e n, der sich neben seiner Missionstätigkeit auch die Pflege der Leprosen zur
Pflicht machte.

Die erste diesem Zweck dienende Niederlassung gründete zu Anfang des
13. Jahrhunderts ein Herr von Staufen in Schlatt1). Es fanden dort alle Kranken
aus dem Adel und dem wohlhabenden Bürgerstand Aufnahme und Pflege, die sich
diesem Haus verpfründeten, das heißt gegen Übergabe ihres Vermögens selbst
Ordensmitglieder wurden.

Wie allenthalben üblich, so baute auch Staufen, vermutlich während des 13. Jahrhunderts
, außerhalb der Stadtmauern, und zwar im Norden, ein bürgerliches Le-
prosenhaus. Aus dem Norden wehte der Wind am seltensten und konnte also —
nach der Volksmeinung zumindest — am wenigsten Giftstoffe in den Ort tragen.
Während hier die Kranken aus Staufen und den umliegenden Herrschaftsorten versorgt
wurden, richtete man nahe dem Neumagen noch ein Siechenhaus ein, die sogenannte
Seelenherberge, in der aussätzige Fremde für eine Nacht Unterkommen
fanden. Wohl zu gleicher Zeit wird auch der Leprosenfriedhof angelegt worden
sein. Das den Kranken zugewiesene Kirchlein hingegen, die Gotthardkapelle, lag
am Waldrand oberhalb des Bozens, recht weit entfernt vom Gutleuthaus, so daß
man im 15. oder 16. Jahrhundert unmittelbar am Friedhof die kleine Magdalenen-
kapelle errichtete, von der hier die Rede sein soll. Ihre heutige Gestalt erhielt sie im
Jahre 1738, da man sie infolge eines reichlichen Leprosenfonds von Grund auf umbauen
konnte. Sie bekam eine neue Inneneinrichtung, in die Fensterchen wurden
kleine Glasgemälde eingesetzt, und ein Altar wurde der heiligen Magdalena —
hier wohl auch als Schwester des Lazarus zu verstehen — und den beiden Märtyrern
Johann von Nepomuk und Fidelis von Sigmaringen geweiht; auch der kleine
Vorbau entstand erst damals. Gleichzeitig wurden die Friedhofsmauern erneuert.
Allerdings wurden dort nicht allein mehr die Leprosen begraben, denn die Krankheit
war um diese Zeit nahezu am Erlöschen, sondern es kamen auch jene hingerichteten
Verbrecher dorthin, denen man zwar eine geweihte Ruhestätte nicht vorenthalten
, die man aber nicht auf dem allgemeinen Friedhof beigesetzt wissen wollte.
Damals taufte man ihn auch den Armesünderfriedhof. Im Jahre 1758 wurden die
letzten beiden Leprosen begraben.

41


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0043