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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
26.1964, Heft 1.1964
Seite: 42
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0044
Erst achtundzwanzig Jahre später ging das Gutleuthaus, das verständlicherweise
niemand pachten wollte, in den Besitz des herrschaftlichen Erblehenbauers Josef
Rinderle über, dessen Familie dann 1827 auch die Magdalenenkapelle für 210 Gulden
erwarb. Während Rinderle das Leprosenhaus abreißen und einen stattlichen
Bauernhof errichten ließ, wurde das Kirchlein, das so viele Gebete um Genesung der
Elendesten aller Elenden gehört hatte, als Waschhaus benutzt (Bild 1). Der Altar
der nun profanen Zwecken dienenden Kapelle kam zunächst in die Friedhofs- und
später (1896) in die Gotthardkapelle, wo er übrigens 1959 renoviert worden ist.
Merkwürdigerweise hat diese Kapelle die vielen Kriege seit dem Mittelalter, in
denen das Gutleuthaus geplündert oder gebrandschatzt worden war, nahezu unversehrt
überstanden, und so konnte es geschehen, daß, als im Jahre 1955 der
Staufener Bürgermeister Dr. Ulmann das inzwischen als Brennerei benutzte Kapellchen
besichtigte, er unter dem Verputz sowohl an den Seitenwänden als auch an der
ehemaligen Altarwand übermalte Fresken entdeckte. Als Bürgermeister einer Stadt,
die darum bemüht ist, ihr mittelalterliches Gesicht so gut ins Heute herüberzuretten,
wie das im Zeitalter der Technik nur möglich und einem Kurstädtchen so bekömmlich
ist, war seine Neugierde entfacht. Bald war man im Besitz eines Gutachtens, das
die Vermutung, es würde sich eine Restauration dieser kleinen Kapelle lohnen,
rechtfertigte. Die Restauratorin Adelheid Brodwolf berichtete am 19. April 1955:
„Unter einer einmaligen dick aufgetragenen Putzschicht, die die Wände egalisieren
sollte, liegen dicht aufeinander zwei Bildschichten, wovon die tiefer gelegene ältere,
recht gut erhalten geblieben ist, während die obere, jüngere mit der deckenden
Mörtelschicht so sehr verbunden ist, daß sie unweigerlich mit ihr fällt. Eine Rettung
der zweiten Malerei wird also nicht möglich sein.

Die ältere Malerei stammt vermutlich aus der Zeit nach dem Dreißigjährigen
Krieg. Die jüngere (Spätbarock?) zeigt keine figürlichen Darstellungen — es fand
sich vielfarbiges, ornamentales Blattrankwerk. Das freigelegte, mit Kranz (und
Schleife) umgebene Kreuz über der Sakramentnische dürfte zu dieser Schicht gehören
.

Die Darstellungen der ersten Malerei sind — soweit freigelegt — thematisch
bestimmbar.

An der langen Südwand und Nordwand stehn sich gegenüber je sechs Apostel —
fast in Lebensgröße, in schwere, rötlichbraune und ockerfarbene Gewänder gehüllt.
Die Gesichter ihrer eher kleinen Köpfe sind leider fast gänzlich verblaßt, aber immer
noch deutlich umrahmt von bewegt gemaltem Haar. Uber den Köpfen schweben
(als feine Reifen) ovale Heiligenscheine (Bild 2).

Jeder Apostel trägt sein Attribut, z. B. der erste an der Südwand ein aufgeschlagenes
Buch.

In der oberen Hälfte sind die Apostel recht gut erhalten, von ihrer Hüfte an
abwärts ist aber an der Südwand jedenfalls nichts mehr zu finden; der bildtragende
Grund ist dort schon weggeschlagen. Über jedem Apostel steht in gotischer Schrift
ein Stückchen des Glaubensbekenntnisses, und noch einmal darüber in großen Antiquabuchstaben
der Name des jeweiligen Apostels (2).

An der Westwand, südlich neben der Eingangstür, fand sich eine Kreuzigung.
Die Darstellung der Kreuzigung ist sehr nach der Ecke hin gerichtet, während ein
langer Text (in gotischer Schrift) (Bild 3) und eine darunter knieende Maria den
Hauptraum einnimmt. Durch den Christus am Kreuz geht ein Mauerspalt, der die
Darstellung ziemlich verletzt.

Die Eingangstür selber ist mit grauer Architekturmalerei umrahmt. An der
Chorwand der Kapelle hätte sich wahrscheinlich das Schönste an Malerei gefunden.
Durch die Verbauung des riesigen Rauchfangs ist aber fast alles zerstört.

Die noch vorhandenen Bildspuren, die eine andere reichere Farbigkeit aufweisen
als die der Apostel — und die Formen: Bruchstücke von einfassenden Bändern, die

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