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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
26.1964, Heft 1.1964
Seite: 57
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0059
Baden-Württemberg, Staat — Wirtschaft — Kultur. Herausgegeben
von Dr. Theodor Pfizer. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 1963. 576 S.; 58,— DM.
Das Werk will nach zehnjährigem Bestehen des Bundeslandes Baden-Württemberg
eine Übersicht geben über das Zusammenwachsen der beiden Landesteile.

Die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Kräfte des Landes
werden in ihrer Entwicklung und ihrem derzeitigen Stand aufgezeigt. In fünf Gruppen
mit insgesamt 44 Beiträgen haben namhafte Mitarbeiter die einzelnen Bereiche des Lebens
in Baden-Württemberg zu erfassen versucht und damit ein Gesamtwerk geschaffen, das
in der Bundesrepublik bisher einzig dasteht und auf Jahre hinaus dokumentieren wird,
in welchem Geiste die Bevölkerung unseres Landes um die Mitte des 20. Jahrhunderts
sich bemüht hat, eine neue Ordnung zu finden.

In der ersten Gruppe stehen fünf Beiträge, die Land und Leute in geschichtlicher
und gegenwartsnaher Schau beleuchten. Fritz Ernst, Professor der Geschichte in Heidelberg
, behandelt die „Geschichtlichen Grundlagen" und weist darauf hin, daß die Staatsgründung
von 1952 nicht historisch begründet werden kann, daß sich aus der Vergangenheit
aber auch keine Argumente ableiten lassen, die nun gefundene Form des Zusammengehens
zu bekämpfen. Die Kräfte jedoch, die zu dieser Entscheidung geführt haben,
wurzeln nichtsdestoweniger in den hinter uns liegenden Jahrhunderten. Die knapp und
scharf gegebene Skizzierung Professor Emsts soll und kann dazu beitragen, das gegenseitige
Verständnis zu heben. — Altbundespräsident Professor Dr. Heuß befaßt sich anschließend
mit der „Zeit des Übergangs". Die zwischen den beiden Weltkriegen und vor
allem nach 1945 wirksam werdenden Verschiebungen innerhalb der Bevölkerung des
deutschen Südwestens schließen nach seiner Ansicht ein Wiederaufleben der napoleonischen
Staatsschöpfungen aus. Im Blick für den Wert des Föderalismus für das Ganze,
für die Bundesrepublik Deutschland, hat sich — so stellt Professor Heuß fest — das
Sich-zusammenfinden als hilfreich erwiesen und dem neuen Staat einen unübersehbaren
Gewinn gebracht. — „Land und Landschaften" unterzieht Karl Heinz Schröder, Professor
der Geographie in Tübingen, einer summarischen Betrachtung. Die Mannigfaltigkeit des
Landschaftsbildes läßt sich in acht natürliche Raumeinheiten zusammenfassen, deren
Differenzierung sich auch unter dem Einfluß des Menschen oft noch deutlich erkennen
läßt. Trotzdem lassen sich aus der Vielfalt einige gemeinsame Charakterzüge des Landes
herauslesen. — Durch Professor Albrecht Weiß, Heidelberg, wird „Das Sozialgefüge"
untersucht, rückblickend auf die letzten fünfzig Jahre als Entwicklungsbasis. Aus den
Agrarstaaten, die Baden wie Württemberg trotz einiger beachtlicher Ansätze von bodenständiger
Industrie bis zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert geblieben waren, wurden
nun zwei Länder mit ständig wachsendem Anteil der Industrie, vor allem nach 1939. Die
Erscheinung der Landflucht wird durch bessere Verkehrsmöglichkeiten für ländliche
Arbeitnehmer und einen Standortwechsel der Fabriken aus der Stadt hinaus auf das
Land wenigstens teilweise rückgängig gemacht. Dadurch entstehen neue Siedlungsgebilde
mit städtisch-dörflichem Mischcharakter. Weitere Gesichtspunkte, die das soziale Gefüge
beeinflussen, sind z. B. die Frauenarbeit, die Freizeitgestaltung, der soziale Wohnungsbau
und die Nachwuchsfrage. Hier spürt der aufmerksame Leser, wieviel Kleinarbeit der
Forschung noch offensteht, und es erscheint durchaus möglich, daß eine solche Gesamtüberschau
, wie sie hier vorliegt, fruchtbare Anregung für detaillierte Einzelarbeiten geben
kann. — Schließlich lenkt ein letzter Aufsatz dieser ersten Gruppe das Augenmerk auf
die Bewohner des Landes selbst, auf „Badener und Württemberger". Dr. Theodor Pfizer,
Oberbürgermeister von Ulm und Herausgeber des Gesamtwerkes, und Dr. Harry Pross,
Schriftsteller und Chefredakteur von Radio-Bemen, dem der Verlag die Gesamtredaktion
des Buches übertragen hat, wenden sich hier der Frage zu, wie — ich zitiere wörtlich —
„Badener und Württemberger zusammen leben, ob sie wirklich zwei verschiedene Menschentypen
darstellen, die sich in einem Staat kaum vereinigen lassen, oder, wenn sie
staatlich zusammengefaßt sind, mit Mißtrauen einander begegnen müssen". In einer
ganzen Reihe von gleichermaßen selbstironisch wie verständnisvoll formulierten Beobachtungen
zielen die beiden Verfasser darauf ab, daß eine Gemeinsamkeit wohl entstehen
kann, daß sie aber von beiden Seiten Opfer verlangt und vor allem auf anderer
Basis erwächst als die, auf der die Entstehung eines badischen und eines württembergischen
Staatsgefühles sich im 19. Jahrhundert vollzogen hat.

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