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der Geschwister Hug und lag dem der Brüder Borocco gerade gegenüber (Grundbucheintrag
v. 28. 2. 1862). Der Wertunterschied von 2400 Gulden wurde an die
Geschwister Hug ausbezahlt. (Das Haus Nr. 12 ist jetzt durch den Umbau der
Firma Gottlieb verschwunden.) Bei einem Ladenumbau 1930 zeigte es sich, daß
die Häuser Nr. 12 und Nr. 14 (Poltier) in früherer Zeit weiter zurückstanden
und erst später nach vorn angebaut wurden. Auch eine Verbindungstür zwischen
beiden Häusern entdeckte man, ein Zeichen, daß die beiden Häuser, die vorher
auch gemeinsamer Besitz waren, zusammengehörten. Im Hinterhaus Nr. 12, das
mit eingetauscht bzw. gekauft wurde, soll sich früher eine Gerberei befunden
haben.
Die Brüder Borocco haben nun keine Mühe gescheut, ihr neues Heim im
Haus Nr. 12 den laufenden Bedürfnissen ihres Geschäftes anzupassen. Im Hinterhaus
wurde die Zinngießerei eingerichtet und 1869 ein dritter Stock aufgebaut,
beides für einen Kostenaufwand von 2627 Gulden. Einen wesentlichen finanziellen
Beitrag dazu leistete der Onkel der Sophie Borocco, geb. Hug, Sattlermeister
R. Vortisch. Die nun vergrößerten Arbeits- und Ladenräume ermöglichten auch
eine entsprechende Erweiterung des Sortiments der Waren. Neben den Zinnwaren
wurden jetzt auch Kleineisenwaren, Haus- und Küchenartikel, Baubeschläge und
Spielwaren geführt, letztere bis 1875. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein
Inserat aus dem „Oberländer Boten" von 1863, weil es zugleich auch die damalige
Atmosphäre ein wenig einfängt: „Tyroler Sensen, ächte mailänder Wetzsteine,
guter Federdraht, sowie meine schon bekannten Eisenartikel und Zinnwaren bringe
ich in gefällige Erinnerung und sind dieselben billig zu haben bei P. Borocco,
Zinngießer und Eisenhändler, Lörrach." (Bis zur Trennung der beiden Brüder
1878 wurde das Geschäft noch immer unter dem Namen des Vaters Peter Borocco
geführt.)
Auch nach diesem Ausbau des Geschäftes ging Joseph Borocco noch manches
Mal mit der „Kretzen" hausieren. Bald aber war dies nicht mehr üblich, und so
beschränkte er sich auf das Reisen mit Mustern von Zinnwaren, Bestecken, Kaffee-
und Teekannen usw. Dabei kam er durch ganz Baden, Württemberg, das Elsaß
und die Schweiz. Die beiden Brüder Joseph und Karl besuchten auch regelmäßig
mit ihren Zinnwaren die Messen in Basel und Bern, von wo sie oft bis zu
1500 Franken Einnahmen heimbrachten.
Am 14. Januar 1868 wurde erstmals ein Lehrling in der Zinngießerei eingestellt
. 1871 erschien als erster Geselle ein Carlo Borocco, ein Bruder des in
Schopfheim als „Zinnsepp" sehr geschätzten Giuseppe Maria Borocco. Ihr Vater
hatte sich seit 1855 dort ständig niedergelassen. Der Geselle Carlo Borocco übernahm
dann 1886 eine Zinngießerei des verwandten Anton Sesiani in Bern. Als
Lohn verdiente er während seiner Gesellenzeit bei freier Kost und Logis 10 Gulden
im Monat (nach heutiger Währung 16 bis 20 DM).
Der Krieg 1870/71 brachte einen vorübergehenden Geschäftsrückgang, der aber
in den folgenden Friedensjahren um ein Vielfaches wieder wett gemacht wurde.
Diese Konjunktur nutzte Karl Borocco, um sich von seinem Bruder Joseph zu
trennen und sich selbständig zu machen. 1878 wurden nach reiflicher Überlegung
und im guten Einvernehmen Warenvorräte, Guthaben und Schulden brüderlich
geteilt.
Karl Borocco konnte durch Vermittlung der Verwandtschaft bereits
1877 das Haus Turmstraße 6 (heute noch Haushaltswaren Borocco) von dem
schon oben erwähnten Sattlermeister Reinhard Vortisch um 27 500 Mark erwerben.
Hier richtete er sein Heim, eine Zinngießerei und sein Geschäft ein. Er war nun
Nachbar der Sara Graf und des Handelsmanns Severin Say, Eisenhandlung (heute
Lederwaren Gruber-Winter). Das bis 1853 zweistöckige Haus wurde nach einem
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