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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-01/0004
Auf der Anhöhe, etwa 3A Stunden von Schliengen entfernt, erblickt man links
der uralten Landstraße in einem lieblichen Tälchen, umgeben von Äckern, saftigen
Matten mit im Frühjahr herrlich blühenden Obstbäumen, einem sonnigen Reb-
hügel und grünem Wald als Hintergrund, das sich hufeisenförmig an den Lielberg
anschmiegende Dörfchen Hertingen. Das abseits gelegene, in sich abgeschlossene
Tal bietet sich dem Auge vorerst als eine Märchenlandschaft, die sich im Dornröschenschlaf
befindet. Bei näherer Betrachtung aber wird man sich bewußt, daß
es sich bei Tal und Dorf um eine markante Gegend handelt, die im Laufe der
Jahrhunderte vieles über sich ergehen lassen mußte. Die alten, kernhaften Hertinger
Bauern haben Mühsal und Not stets mannhaft bezwungen und als wahrhafte
„Oberländer und Alamannen", als geborene Markgräfler, als die sie sich
stets fühlen, ihrer Heimat die Treue gehalten. Ist es da verwunderlich, wenn sich
der Vikar Johann Peter Hebel, der in der alten Kirche des Ortes amtiert und
gepredigt hatte, bei diesen Männern von stammesverwandter Wesensart wohl
fühlte? Erst 23jährig erhielt er hier seine erste Anstellung als Vikar und Hauslehrer
beim kränkelnden Pfarrherren Schlotterbeck, dessen wilde Buben er in die
„Elemente" der Wissenschaft einzuführen hatte.

Das kleine, 1785 erbaute Kirchlein grüßt heute aus der Mitte des Dorfes an
erhöhter Stelle. Die alte Kirche aber, in der Vikar J. P. Hebel sein Pfarramt ausübte
, stand an der Stelle des heutigen „Gottsacker oder Chilchhof". Am damaligen
Pfarrhause, in dem Hebel in den Jahren 1780—1783 wohnte, ließ der Kanderner
Heimatverein eine entsprechende Gedenktafel anbringen, auf der auch Hebels
Sprüchlein

„Us der Heimet chunnt der Schi,
's mueß liebli in der Heimet si!"

zu lesen ist.

Im Herbst 1782 verwaltete J.P.Hebel als Vikar von Hertingen auch die
Pfarrkirche von Tannenkirch. Taufen und Beerdigungen, die er vorgenommen
hatte, sind mit seiner schönen, klaren Schrift in den dortigen Kirchenbüchern
eingetragen.

Hinweise auf den Aufenthalt von Johann Peter Hebel in Hertingen sind
seinen Gedichten und Erzählungen immer wieder zu entnehmen. Seine hiesigen
Bauern hat er auch dann nicht vergessen, als er bereits Professor in Karlsruhe
und Prälat der evangelisch-protestantischen Landeskirche war. Ein kleines Erlebnis
mag davon Kunde tun: „Als dem strammen Hertinger Grenadier Diebel-
marti, dem Sohn des Krenzlivogts, für Pfingsten das Reisegeld fehlte, begab er sich
kurz entschlossen zu Prof. Hebel in Karlsruhe und bat, ihm das Reisegeld nach
der Heimat vorzustrecken, was der ,fürnehme Her* auch bereitwilligst getan
habe!"

Hertingen besitzt auch eine Hebelglocke, die, geschmückt mit dem wohlgelungenen
Bildnis des Dichters, die Inschrift trägt: „Dem Dichter und Verherrlicher
unserer Heimat Joh. Peter Hebel, Vikar in Hertingen 1780—83, späterem ersten
Prälat unserer ev.-protest. Landeskirche zum Gedächtnis!"

Am Rande dieser 1924 durch die Firma Bachert in Karlsruhe gegossenen
Glocke steht das Hebel wort: „Wer christli lebt, het frohe Muet, Der lieb Gott
stoht für alles guet!"

Hebels Lebensauffassung und seine tiefe Religiosität sind aus diesem kurzen
Verse ersichtlich. Er war kein Kopfhänger und behielt in allen Lebenslagen seinen
heiteren, frohen Mut. Seine aufrechte Gesinnung ohne dogmatisch-konfessionelle
Engherzigkeit und sein unerschütterliches Gottvertrauen halfen ihm über die
größten Schwierigkeiten hinweg. Sein echt alemannisches Wesen und die Liebe

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