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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-01/0029
Platz einnehmen. Entgegen andern Ortschaften soll in Hertingen ein solcher Fall
indessen selten aufgetreten sein. In fabriknahen Gebieten, in denen junge Burschen
und Mädchen durch ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie durch
schlechte Reklame und Propaganda zur Unzucht verführt wurden, begannen die
Gräber der Sittlichkeit. Hier müßte auch heute noch der gesunde Bauern- und
Handwerkerstand wie auch das Bürgertum der Städte seine ununterbrochenen
Bemühungen verstärken, um die christlich-germanische Kultur zu retten.

Im Befehlsbuche 1771—1813 findet sich folgende Notiz:

„anno 1786, den 26. September, hat die Gemeind in die Neue Kirch erbaut,
eine neue Glocken angeschafft, von Glockengießer Beyer in Freiburg gegossen
, hat gekostet das Pfund a 38 Kreuzer oder der Zentner 63 fl. 20 Kr.,
welches durch Ratification von Gnädigster Herrschaft aus der Gemeindekasse
ist bezahlt worden, hat ein Gewicht 7 und halben Zentner.
Hertingen, den 26. September 1786
geschehen unter Hans Michel Kromer, Vogt."
Diese große, alte Glocke bekam im November 1925 einen Sprung und wurde
am 25. März 1926 durch Glockengießer Bachert in Karlsruhe umgegossen.

Schon im April 1924 fand eine Glockenweihe statt, bei der Hertinger Jungfrauen
ein durch Frau Pfr. Schäfer einstudiertes Festspiel aufführten. Hintergrund
und zugleich Bühne bildete die Pfarrscheune.

Das alte Geläute wurde als rein, tief ergreifend, harmonisch, anheimelnd beschrieben
, wobei nachstehender Vers erwähnt worden ist:
„Die Abendglocken klingen, das Tagwerk ist vollbracht,
Es sinkt auf heiigen Schwingen herab die stille Nacht.
Sie spendet süßen Schlummer, versüßt uns manchen Kummer,
Ein Gott im Himmel wacht, — in stiller Nacht."
Der seine Heimat hoch verehrende und von Heimweh noch im Alter geplagte
Hermann Kasper suchte und fand in obigen Worten stets wieder neue Kraft. Das
heimatliche Glockengeläute führte ihn zum Ausspruch:

„Bliebe von der christlichen Kirche nichts übrig als die Glocken, die Bergpredigt
und der Karfreitag, sie wäre gerettet; oder — die Menschheit wäre
zur Bestialität herabgesunken!"
Der Friedhof war an die 1785 abgebrochene alte Dorfkirche angelehnt. Er
muß gegen 600 Jahre alt sein. Vielleicht sind noch Pfarrakten vorhanden, die
näheren Aufschluß geben.

Wie andernorts war es auch in Hertingen Sitte, die Kinder nach Beendigung
des Vormittag-Gottesdienstes in der Kirche zu taufen. Sie wurden damit in die
Kirchengemeinschaft aufgenommen.

Bei der Konfirmation herrschte der alte Brauch, daß die Konfirmanden das
Rebholz im Rebacker des Pfarrers auflesen und in den Pfarrhof schaffen mußten.
Am Nachmittag pflegte man einen Ausflug zu machen, wobei bei schönen Tagen
der Isteiner Klotz bevorzugt wurde.

Weihnachten, Ostern und Pfingsten wurden würdig gefeiert. Jung und alt
besuchten den Gottesdienst. Geschenke waren schon in alter Zeit gebräuchlich,
jedoch wurden bis in die ersten Jahre des laufenden Jahrhunderts nur notwendige
und praktische Gaben verabfolgt. Auch die reichen Familien hielten weise Maß
und Ziel. Erst in späteren Jahren wurden die Kinder mit allerlei Unnötigem
verwöhnt und zur Unzufriedenheit erzogen, was sich mit der Zeit teilweise gegen
die eigenen Eltern und Erzieher auswirken mußte.

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